20.00 Uhr
Erinys Quartet
Was sind Eure liebsten Weihnachtstraditionen? Wir haben ein bisschen im Konzerthausorchester herumgefragt, in dem Musiker*innen aus vielen Herkunftsländern spielen.
Die Welt teilt sich in Menschen, die Florentiner lieben und solche, die man mit dem Honig-Mandel-Gebäck jagen kann. Im Konzerthausorchester überwiegen eindeutig erstere, hat Cellistin Viola Bayer festgestellt, denn ihr Familienrezept wird fleißig nachgebacken. Suchtfaktor: Extrem hoch!
Bratscherin Constanze Fiebig hat das Rezept ihrer Thüringer Oma Else für Lebkuchenteig beigesteuert – es ist sowohl zum Ausstechen geeignet als auch absolut knusperhaustauglich.
Dresdner Christstollen ist eine weltbekannte Spezialität. Dass die Geigerin und gebürtige Dresdnerin Christiane Ulbrich den besten backt, haben uns gleich mehrere Kolleg*innen verraten – und sie uns ihr Rezept.
Kontrabassist Igor Prokopets stammt aus Belarus/Weißrussland, wo an Neujahr Hrustiki vor allem bei Kindern sehr beliebt sind. Aber keine Sorge: „Für die Knusprigkeit kommt zwar etwas Wodka hinein, aber dessen Alkohol verdampft beim Frittieren komplett.“ Igors zweite Heimat ist Israel. Dort wird im Dezember Chanukka gefeiert – und zwar mit Suvganya. Die hat er in Deutschland unter dem Namen „Berliner“ wiederentdeckt. Kleiner Unterschied: „In Israel füllt man sie nicht nur mit Erdbeer-, sondern auch gern mit Dattelmarmelade.“
Geigerin Ulrike Töppen ist im Berliner Umland aufgewachsen und empfiehlt den Obstsalat ihrer Kindheit: „Apfelsinen und Bananen gab es im Gemüseladen nur einmal im Jahr zu kaufen. Sie kamen in den Obstsalat, zusammen mit rotbackigen Äpfel, Rosinen und – ganz wichtig – Walnüssen vom eigenen Baum, denn die bekam man noch nicht mal zu Weihnachten zu kaufen. Die Salatsoße wurde aus Apfelsinensaft und Nussmus zusammengerührt. Zur Krönung kam noch ein Löffel geschlagene Sahne drauf. Bis heute ist das für mich der perfekte Obstsalat.“
Cellist Taneli Turunen aus Finnland bereitet dagegen etwas Salziges vor: „500 g frisches Lachsfilet mit grobem Meersalz bedecken (nicht zuviel – lieber erstmal weniger nehmen, man bekommt Erfahrung damit, wieviel gut ist) sowie mit schwarzen Pfefferkörnern und frischem Dill. In Backpapier gewickelt auf einem Teller in den Kühlschrank stellen und mit einem Karton Milch oder ähnlichem beschweren. Über Nacht ruhen lassen (maximal 24 Stunden). Salzreste entfernen, ganz dünn schneiden.“
Klarinettist Norbert Möller aus Berlin schwört an Heiligabend auf den Klassiker Würstchen mit Kartoffelsalat. Dazu gibt’s Bautzener Senf. In seiner Familie schmückt übrigens schon im Advent immer ein großes Orchester musizierender Engelchen aus dem Erzgebirge die Anrichte.
Norbert Möllers Engelorchester spielt dieses Jahr ein Fagottkonzert
Nicht nur zu Thanksgiving, auch zu Weihnachten und anderen großen Festen kommt bei Geigerin Alicia Marial aus den USA selbstgemachtes Kartoffelpüree nach einem legendären Rezept ihrer Großmutter Nanny mit auf den Tisch, das man ebenfalls prima vorkochen kann. Ihr Tipp: Frischen Knoblauch und einen Mixer verwenden!
Grandmother Nannys Lieblingsrezept aus dem Familienkochbuch von Geigerin Alicia Lagger Marial, das ihre Mutter zusammengestellt hat
Unser Solo-Paukist Mark Voermans stammt aus den Niederlanden und feiert deshalb schon am 5. Dezember: „In den Niederlanden wird das Nikolausfest viel mehr zelebriert als in Deutschland. Sinterklaas kommt Mitte November mit dem Schiff aus Spanien immer in einer anderen niederländischen Stadt an, die ihm samt Pferd und vielen Helfern, den Pieten, einen großen Empfang bereitet.
Die Vorbereitungen für den Pakjesavond am 5.12. werden jeden Abend im Sinterklaas-Journaal gezeigt, einer Art Tagesschau. Wie alle Kinder sind meine drei in dieser Zeit in heller Aufregung. Sie haben dem Nikolaus Briefe geschrieben, dass auch in Berlin niederländische Kinder wohnen und am 5.12. Geschenke erwarten. An diesem Tag stellen sie abends ihre geputzten Schuhe vor die Tür – gefüllt mit einem Bild für den Nikolaus und einer Möhre für sein Pferd. Wir singen lauthals Sinterklaasliedjes, bis es an der Tür klopft. Vom Nikolaus ist beim Öffnen natürlich nichts mehr zu sehen, aber ein Sack steht dort, gefüllt mit einem Geschenk für jedes Kind und den traditionellen Nikolaussüßigkeiten Pepernoten (kleine Pfeffernüsse) und Chocoladeletters (Initialen aus Schokolade).“
Für Geigerin Anna Malova aus der Ukraine ist dagegen eigentlich erst am 6. Januar Bescherung, denn orthodoxe Christen rechnen nach dem julianischen Kalender. Zum Weihnachtsessen gehört für sie auf jeden Fall Kutja, eine Süßspeise aus Reis mit Mohn, Nüssen, Rosinen und Honig, von der jedes Familienmitglied isst. In Friedenszeiten ziehen Kinder und Jugendliche an den Feiertagen in Sternsingergruppen von Haus zu Haus und werden mit Süßigkeiten belohnt – ein Brauch, den es ja auch in vielen Gegenden bei uns gibt.
In Island gibt es nicht einen, sondern 13 Weihnachtsmänner, erzählt Geigerin Gerður Gunnarsdóttir. Dass die nicht besonders nett sind, kann man bei Namen wie Schafschreck, Fensterglotzer oder Fleischangler schon ahnen. Aber: „Es sind ja eigentlich auch die 13 Söhne der Trollin Grýla, die vom 12. bis 24. Dezember jeden Tag entweder ein kleines Geschenk oder – so war das früher – bei unartigen Kindern nur eine Kartoffel auf dem Fenstersims hinterlassen. Und dann gibt es noch die Weihnachtskatze. Sie lauert auf Kinder, die an Weihnachten kein neues Kleidungsstück tragen. Die will sie fressen.“ Soweit bekannt ist, wurde bisher allerdings noch nie eines von ihr erwischt.
Weihnachten in Tschechien stellen wir uns sehr idyllisch vor – wegen der vielen tollen Zeichentrick- und Märchenfilme von dort, die seit Jahrzehnten vor allem an den Feiertagen bei uns im Fernsehen laufen. Was Geiger Petr Matějak aus seiner Kindheit erzählt, klingt auch so: „Wir haben zu Weihnachten jedes Jahr mit der engsten Familie eine schöne Woche in einer Holzhütte im Riesengebirge verbracht. Bei uns gab es traditionell Kapr, also Karpfen, am Heiligen Abend. Meine Mama hat ihn so gut zubereitet, dass man gar nicht gemerkt hat, was es war. Nachdem wir Kinder mit unserem Vater vom Holzholen aus der Scheune zurückkamen, lagen als große Überraschung plötzlich alle Geschenke unter dem Baum – das Christkind war gekommen! Vor dem Auspacken haben wir natürlich immer Weihnachtslieder gesungen.“
Ernst-Martin Schmidt und Constanze Fiebig aus unserer Bratschengruppe fahren an Heiligabend zunächst an einen ungewöhnlichen Ort: „Wir treffen uns, um in der Justizvollzugsanstalt Plötzensee im Weihnachtsgottesdienst zu spielen. Am Anfang ist immer etwas Unruhe im Publikum, weil die Strafgefangenen ja sonst nicht zusammenkommen können, um sich zu unterhalten. Wir spielen vor allem Barockmusik, keine typischen Weihnachtslieder. Zu merken, wie das Publikum darauf reagiert, wie nach und nach Ruhe einkehrt, ist ein besonderes Erlebnis. Das ist seit 10 Jahren unsere Weihnachtstradition – erst damit beginnt das Fest.“
Bei Cellist Alexander Kahl und seiner Familie schmückt derweil schon Katze Ginny den Baum fertig. Frohe Weihnachten wünschen das Konzerthausorchester Berlin und das ganze Konzerthausteam!
Foto: Linus Kahl
Noch mehr Konzerthaus-Weihnachtsprogramm mit Weihnachtsliederkaraoke, Hörspielen für Kinder und vielen Überraschungen findet Ihr übrigens hier auf unserer Webseite!