16.00 Uhr
Festveranstaltung Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste
Zwischen Antwerpen und Zürich – kommende Woche sind wir auf Tournee! Mit seinem Instrument hat Kontrabassist Igor Prokopets unterwegs schon allerlei erlebt. Wir haben ihn beim Einpacken hinter der Bühne im Großen Saal erwischt, denn sein Kontrabass fährt natürlich nicht einfach mit uns Bahn oder Bus.
Den vermeintlich witzigen Rat, im nächsten Leben Piccoloflöte zu lernen, darf man sich gegenüber Kontrabassisten gern verkneifen. Eine berechtigte Frage ist allerdings, wie man das fast 2 Meter hohe Streichinstrument auf Tour sicher transportiert.
Hinter der Bühne im Großen Saal sind wir mit Igor Prokopets verabredet. Dort stehen schon einige Tage vor Reisebeginn Kisten bereit, in die nach der letzten Probe vor Abfahrt Garderobe und Instrumente verstaut werden – fortlaufend durchnummeriert und mit Namen versehen, denn von außen sehen sie ziemlich gleich aus. Igors Kontrabass wohnt in Nr. 8.
Mit ihm und dessen Vorgänger habe er „on the road“ einiges erlebt, erzählt der Musiker: „Zu Anfang meines Studiums hatte ich meinen privaten Kontrabass noch nicht in Berlin. Ein halbes Jahr später kamen meine Eltern zum ersten Mal aus Israel zu Besuch und wollten ihn mitbringen. Sie haben ihn in Bettdecken gewickelt und mit dem restlichen Gepäck aufgegeben. Als sie in Tegel ausgestiegen sind, war das Instrument nicht da. Es war verloren gegangen wie ein kleines Köfferchen.“ Doch alles ging gut aus: „Am nächsten Tag wurde mir der Kontrabass direkt nach Hause geliefert. Ich war enorm erleichtert, dass ihm nichts passiert war. Allerdings hatte ich meinen Vater, der kein Musiker ist, gebeten, wegen der Spannung vor der Reise die Saiten etwas herunterzudrehen – das hat er sehr gründlich gemacht [lacht]. Deshalb war der Stimmstock im Innern umgefallen. Aber das ließ sich leicht in Ordnung bringen.“
In der Konzerthausorchester-Reisekiste reist der Kontrabass sehr geschützt: Die Innenhülle ist aus Aluminium und hat eine ziemlich dicke Polsterung. Gurte verhindern, dass er schaukelt, wenn die Kiste in den Instrumententransporter oder einen Flugzeugladeraum gerollt wird. „Inzwischen gibt es aber auch ultraleichte und robuste Rollkästen aus Carbon, die nicht mehr als 7 Kilo wiegen. Ich kennen jemanden, der sie aus noch leichterem Kompositmaterial baut, das in Russland für die Raumfahrt entwickelt wurde“, schwärmt Igor. Dann kann eigentlich gar nichts mehr passieren, oder? „Gelegentlich gibt es trotzdem einen Notfall wie damals, als wir mit dem Konzerthaus Kammerorchester in Japan waren", erinnert er sich. „Mein Carbonkasten hatte keinen Schaden, aber die hintere Decke des Instruments darin hatte sich an der Naht komplett geöffnet – warum auch immer. Zum Glück war genug Luft bis zum ersten Konzert. Ein Instrumentenbauer vor Ort hat das dann sehr gut mit Heißkleber repariert – das hält bis heute.“ Leihinstrumente sind für ihn auf Reisen keine Alternative – Igor schwört auf seinen „sehr alten italienischen Kontrabass“.
Aber zurück zur großen Kontrabasskiste: Ist die nicht auch sehr praktisch, um Reisemitbringsel von Orchestermitgliedern und eine Extra-Salami für die Brotzeit aufzunehmen? „Auf keinen Fall“, antwortet Dirk Beyer, der gerade aus seinem Büro um die Ecke biegt und schon beim Gedanken daran einen strengen Blick bekommt. Das könne enormen Ärger geben, insbesondere wenn wir in der Schweiz spielen. Die Angaben für den Zoll zum südlichen Nachbarland hat unser Koordinierender Orchesterwart wochenlang akribisch zusammengestellt: „Die sind dort gerade erst wieder verschärft worden. Grundsätzlich muss genau das, was im Instrumententransport einreist, auch wieder darin ausreisen. Und zwar grammgenau.“
Das gilt für Kiste, Kontrabass und Bogen, die sowohl extra wie gemeinsam gewogen werden müssen. Souvenirs haben dazwischen rein gar nichts zu suchen. Außerdem müssen der Wert sowie die jeweilige Herkunft angegeben werden. Auch das Alter ist sehr wichtig: Geschützte Hölzer, Elfenbein oder Perlmutt waren in früheren Epochen normale Bestandteile von Streich- und Holzblasinstrumenten, heute sind Import und Export dieser Rohstoffe streng verboten. Das alles trägt Dirk in Formulare ein. Das komplette „Carnet“, wie es offiziell in der Schweiz heißt, ist die Grundlage für den reibungslosen Ablauf an der Grenze und doch nur eines von vielen Details, für die unser Orchesterwarte-Team auf einer Tournee zuständig ist.