20.00 Uhr
Weihnachtskonzert des Georg-Friedrich-Händel-Gymnasiums
KONZERTHAUS BRASS BERLIN QUINTETT
SÖREN LINKE Trompete
GERGÖ TURAI Trompete
TIMO Steiniger Horn
Helge von Niswandt Posaune
Yuki Takebayashi Tuba
Ingo Reddemann Schlagzeug
JOHN CHEETHAM (1939 - 2024)
Scherzo für Blechbläserquintett
J. MARK SCEARCE (*1960)
„Enchanted Forest Suite“
Dawn of the Forest
Dance of Gnomes
Song of the Water Nymphs
Flight of the Unicorn
MICHAEL KAMEN (1948 - 2003)
„Quintet“ für Blechbläserquintett
LEONARD BERNSTEIN (1918 - 1990)
„Dance-Suite“ für Blechbläserquintett und Schlagzeug
Dancisca (for Anthony)
Waltz (for Agnes). Tempo die Valse (leggiero)
Bi-Tango (for Misha). Allegretto grazioso
Two-Step (for Mr. B). Allegretto leggeremente
MTV (for Jerry). Cool. (Doppio più presto ) Driving
„West Side Story“, Auszüge für Blechbläserquintett und Schlagzeug bearbeitet von Jack Gale
Prologue
Somethings Coming
Maria
America
Somewhere
PAUSE
RICHARD ROBLEE (*1943)
„Early Days" aus „American Images“ für Blechbläserquintett
Early Days
Blues
Fiesta
„Blues for Brass“ für Blechbläserquintett und Schlagzeug
JOHANN SEBASTIAN BACH (1685 – 1750) / LUTHER HENDERSON (1919 - 2003)
„Well Tampered Bach“ – Jazzarrangements für Blechbläserquintett und Schlagzeug nach dem „Wohltemperierten Klavier“ BWV 846-893
Bebop Bach
Cool Bach
Dixie Bach
CHRIS COLETTI
„Bach's Bells“ für Blechbläserquintett und Schlagzeug
HUGH MARTIN (1914 – 2011) / RALPH BLANE (1914 – 1995)
„Have yourself a Merry Little Christmas“, für Blechbläserquintett bearbeitet von Luther Henderson
WALTER ROLLINS (1906 – 1973)
„Frosty the Snowman“, für Blechbläserquintett und Schlagzeug bearbeitet von Luther Henderson
INGO LUIS (*1961)
„Christmas Medley“ für Blechbläserquintett und Schlagzeug
Im November, kurz nach Totensonntag, werden sie hervorgekramt. Manche müssen dafür in den Keller, andere auf den Dachboden. Da stehen die Kisten und Kartons mit der Weihnachtsdekoration. Oft findet sich darin auch ein Schächtelchen mit kleinen pausbäckigen Engeln aus Holz, die ein weißes Leibchen tragen und ein Instrument in den Händen halten. Das Engelsorchester besteht manchmal nur aus vier oder fünf kleinen Figuren, über 80 können es werden. So viele unterschiedliche gibt es inzwischen. Und das ist dann schon ein ausgewachsenes Sinfonieorchester – auch wenn die Instrumentenwahl nicht immer überzeugt und mit Akkordeon und Zither teilweise eher in eine Wirtshausstube als in einen Konzertsaal passt. Eine Posaune ist aber fast immer vertreten, manchmal sieht man sogar Engelchen mit einer modernen Zugposaune. Die wird zwar nicht ganz korrekt gehalten, aber der Wille zählt.
Blechblas-Musik und Weihnachten – it’s a match! Haben ja auch schon die Evangelisten erzählt, oder? Naja, immerhin Lukas und Matthäus. Zwar nicht zu Jesu Geburt, aber dass die Gesandten Gottes Trompeten und Posaunen dabei hatten, um sich oder vielmehr der von ihnen überbrachten Nachricht Gehör zu verschaffen, taucht vielfach in der Bibel auf.
Aber wie sieht das mit »American Christmas« aus? Die musizierenden Engelchen aus dem Erzgebirge gibt es dort jedenfalls nicht. Viel zu klein und unscheinbar! Man würde sie ja glatt übersehen neben den mit Luft gefüllten Santa-Claus-Figuren und Rudolphs, die die US-amerikanischen Vorgärten zusammen mit hunderten Lichterketten schmücken.
Es muss groß, viel und laut sein – und das gilt auch für die Musik. Wind Orchestras, Brass Bands, Marching Bands, Jazz Combos, … Blechbläser*innen haben in den USA die Qual der Wahl. Die Geschichte der Blechblas-Musik hat wie in Europa ihren Ursprung in den Militärkapellen, die vor hunderten von Jahren tatsächlich noch auf dem Schlachtfeld standen, um die kämpfenden Soldaten zu motivieren. Anders als bei uns kam es dann allerdings nicht zu Spaltung zwischen Kunst- und Gebrauchsmusik. Für amerikanische Komponist*innen blieb es selbstverständlich, für Brass Bands und Wind Orchestras zu komponieren. Und da gab es keine Unterscheidung im Spielniveau, sondern eher dahingehend, ob eine Band weiterhin marschierte oder auf einer Konzertbühne Platz nahm.
Zwei Umstände hatten in den folgenden Jahrzehnten einen besonderen Einfluss auf die Entwicklung der Brass Bands: Es gab an jeder High School ein sehr aktives Musikleben mit viele verschiedenen Bands und Besetzung. Musikalische (Früh-)Erziehung, nicht mit Glockenspiel oder Blockflöte, sondern am Kornett. Und andererseits gab es Städte wie etwa New Orleans, die als Hochburgen für Brass Music ihren Teil zur Popularität beitrugen.
In New Orleans entstand eine besonders bunte und vielfältige »Brass Band«-Kultur, einfach weil die Voraussetzungen dafür ideal waren. Die warme Witterung erlaubte Paraden rund ums Jahr, und die Akustik war sensationell. Der Grund dafür ist das Wasser, das die Stadt rundherum und auch von unten einschließt. Und Wasser ist ein guter Schallträger, weshalb man in New Orleans ein Horn meilenweit hören konnte, gerade an den sternenklaren Abenden. Hinzukam, dass die Militärkapellen nach Beendigung der Bürgerkriege ihre Instrumente verhökerten und so die Schwarzen US-Amerikaner die Möglichkeit bekamen, für wenig Geld Instrumente zu kaufen. Sie kreierten ihre ganze eigene Szene, die bis heute einzigartig ist.
Und gibt’s in den USA zu Weihnachten noch mehr Blechblasmusik? Nicht wirklich, aber es gibt ja so schon mehr als genug. Das merkt man auch an dem vielfältigen Programm dieses Abends; so viele Komponisten, von denen wir hier vermutlich noch nie etwas gehört haben.
J. Mark Scearce, John E. Cheetham und Michael Kamen etwa, für die das Komponieren neben ihrer Tätigkeit als Musiker oder Arrangeur ganz selbstverständlich dazugehört. Und dabei geht es wild durch alle denkbaren Genres. Scearce beispielsweise hat viel für die Werbung komponiert. Michael Kamen ist mehrfach ausgezeichnet worden für Filmmusik und die Zusammenarbeit mit berühmten Pop-Musiker*innen wie Eric Clapton, Bryan Adams oder Kate Bush. John E. Cheetham hat vor allem als Musiktheoretiker an der University of Missouri gelehrt und mit dem »Scherzo für Blechbläserquintett« 1963 ein Standardwerk für die Besetzung geschaffen, das mit klassischer ABA-Form, einer Variation und einer Wiederholung ein bisschen an alte Westernfilm-Soundtracks erinnert, ohne dabei albern oder klischeehaft zu wirken.
Leonard Bernstein ist natürlich einer der einflussreichsten (und damit auch bekanntesten) Komponisten der USA aus dieser Zeit. Seine fantastischen Werke wurden entweder für die Besetzung arrangiert, so wie das Medley aus der »West Side Story«. Oder er schrieb sie genuin für Brass Bands. So entstand 1989 die »Dance Suite«. Ursprünglich sollte wirklich zu der Musik getanzt werden, aber man musste den Plan einer Choreografie angesichts der Kürze der fünf Sätze für die Uraufführung im Januar 1990 aufgeben. Der Ballettcharakter des Stücks ist allerdings hörbar erhalten geblieben.
In der zweiten Konzerthälfte wird es dann deutlich weihnachtlicher mit feinen Jazz-Arrangements von Johann Sebastian Bachs Werken und den amerikanischen „Christmas Classics“, die nicht fehlen dürfen. Warm, jazzig, unterhaltsam, amerikanisch.
Die Blechbläser des Konzerthausorchesters Berlin sind schon seit den 1980er Jahren auch als Kammermusikensemble zu hören - mit breitem Repertoire sowie eigenen maßgeschneiderten Arrangements und Kompositionen. Highlights für das Ensemble waren beispielsweise Auftritte vor der Bundesversammlung, im Rahmen der Ordensverleihung „Pour le Mérite“, bei Hertha BSC und ein Gastspiel in Hong Kong. Intensive Zusammenarbeit und eine CD-Produktion verbindet sie mit Hans-Eckardt Wenzel. Neben regelmäßigen Open Air-Konzerten auf dem Gendarmenmarkt haben sich für das Publikum die Weihnachtskonzerte von Konzerthaus Brass Berlin zu einem musikalischen Höhepunkt in der Adventszeit entwickelt.
Sören Linke
Der gebürtige Potsdamer ist seit 1993 Mitglied im Konzerthausorchester Berlin.
Sören Linke studierte in Berlin an der Hochschule für Musik Hanns Eisler und war Mitglied im Schleswig-Holstein Festival Orchestra. 2007 wechselte er im Konzerthausorchester Berlin auf die Stelle des Solo-Trompeters. Er ist Dozent an der Hochschule für Musik Hanns Eisler und am Bach-Gymnasium.
Gergö Turai
Gergö Turai wurde in Budapest geboren und wurde in seiner Heimatstadt von Richard Kresz und Tibor Király ausgebildet. Seit 2022 studiert er an der Berliner UdK bei Gábor Tarkövi. Er gewann nationale Wettbewerbe, wurde beim Internationalen Blasmusikwettbewerb Brno ausgezeichnet und ist Mitglied des Verbier Festival Orchestra. Im Konzerthausorchester ist er seit 2023 engagiert.
Timo Steininger
In Lörrach geboren, absolvierte Timo Steininger sein Studium geboren in Lörrach in Stuttgart bei Christian Lampert. Er spielte im Orchester der Bayreuther Festspiele und ist seit 2007 Mitglied im Konzerthausorchester. Außer im Konzerthaus Brass Berlin spielt er im Konzerthaus Kammerorchester. Mit dem Ensemble German Hornsound tritt er regelmäßig im In- und Ausland auf.
Helge von Niswandt
Helge von Niswandt, in Sindelfingen geboren, studierte in Trossingen bei Abbie Conant, in London bei Eric Crees und Simon Wills sowie bei Jonas Bylund in Hannover. Er war Stipendiat des Deutschen Musikwettbewerbs. Neben seiner Tätigkeit im Orchester ist Helge von Niswandt Mitglied im Ensemble Ambrassador. Nach langjähriger Lehrtätigkeit an der Musikhochschule Leipzig unterrichtet er seit 2016 an der Berliner Universität der Künste. Helge von Niswandt ist seit 2001 Orchestermitglied und wirkt aktuell im Künstlerischen Beirat.
Yuki Takebayashi
Yuki Takebayashi hat in Kyoto bei Shigeo Takesada, in Würzburg bei Heiko Triebener und Carsten Vollmuth sowie in Leipzig bei Sebastian Marhold studiert. Orchestererfahrung sammelte der japanische Musiker in den Orchesterakademien des Sinfonieorchesters Wuppertal und der Staatskapelle Berlin. Bei uns ist er seit Beginn dieser Saison in der Probezeit als Solo-Tubist.
Ingo Reddemann
Schlagzeug spielen prägten Ingo Reddemanns Kindheit und Jugend in Kassel, später folgte das klassische Musikstudium an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin. Seit 2015 ist er Solo-Schlagzeuger im Osnabrücker Symphonieorchester. Er gastiert als Schlagzeuger regelmäßig bei Orchestern wie dem Konzerthausorchester Berlin oder der NDR Radiophilharmonie. Weitere Engagements führten ihn auf Tourneen durch die ganze Welt und ließen ihn mit Musikern wie Sir Simon Rattle oder Robbie Williams auf der Bühne stehen. Als Musikproduzent für elektronische Musik und Popmusik tritt er seit 2022 in Erscheinung und veröffentlicht unter dem Namen INGO seit diesem Jahr seine eigene Musik.
Was war da los? Unsere KHO-Mitglieder erzählen, wie es zu einem Schnappschuss vor (oder wie hier nach) dem Konzert kam – dieses Mal mit Solo-Bassklarinettist Norbert Möller und seiner Kamera.
Verabschiedungen von Kolleginnen und Kollegen, Anspielproben und Alltagsbilder auf Tournee, Begegnungen mit Dirigenten und Gastkünstlern hinter der Bühne – nicht nur aus dem ungewöhnlichen Blickwinkel seines Platzes auf dem Holzbläserpodest hat Norbert Möller viele besondere Momente im Konzerthausorchester mit seiner kleinen Kompaktkamera festgehalten. Die passt problemlos in die Innentasche vom Frack.