20.00 Uhr
Erinys Quartet
Konzerthausorchester Berlin
Joana Mallwitz Dirigentin
TAMARA STEFANOVICH Klavier
SARAH ARISTIDOU Sopran
CHRISTINA BAUER Klangregie
Eine Veranstaltung des Konzerthaus Berlin in Kooperation mit Berliner Festspiele/Musikfest Berlin.
Programm
LUIGI NONO (1924 – 1990)
„Como una ola de fuerza y luz” für Sopran, Klavier, Orchester und Tonband
PAUSE
GUSTAV MAHLER (1860 – 1911)
Sinfonie Nr. 4 G-Dur
Bedächtig. Recht gemächlich
In gemächlicher Bewegung. Ohne Hast
Ruhevoll
Sehr behaglich
1971 kam ein Film in die Kinos, der die damals schon in vollem Gange befindliche Gustav Mahler-Renaissance noch einmal mächtig befeuerte: Luchino Viscontis Verfilmung von Thomas Manns „Der Tod in Venedig“, in der das Adagietto aus Mahlers Fünfter als Soundtrack herhalten musste und damit auch Menschen mit Mahlers Musik in Berührung kamen, die nicht zu den Stammgästen der Konzerthäuser gehörten. Ungefähr gleichzeitig begann der Venezianer Luigi Nono mit der Komposition von „Come una ola de fuerza y luz“. Gibt es über diese eigentlich nichtssagende zeitliche und örtliche Parallele hinaus Bezüge zwischen Mahler und Nono? So unterschiedlich die musikalischen Sprachen beider Komponisten auch sein mögen, in einer Hinsicht sind sie sich denkbar nahe: Jenes gegenüber Bruno Walter geäußerte Bekenntnis Mahlers, was man musiziere, sei doch immer der ganze (also fühlende, denkende, atmende, leidende etc.) Mensch, könnte auch von Nono stammen. Beider Musik ist welthaltig, das Gegenteil von „L’art pour l’art“. Sie ist Weltanschauungsmusik im besten Sinne, und beide eint, dass sich diese Welthaltigkeit nicht in oberflächlicher Etikettierung erschöpft, sondern bis in die innersten Zellen ihrer Musik dringt und sich in der jeweiligen Konfiguration des musikalischen Materials realisiert. Das lässt sich auch an den hier in Rede stehenden Werken ablesen.
„Como una ola de fuerza y luz“
Luigi Nonos „Como una ola de fuerza y luz“ (Wie eine Woge aus Kraft und Licht) ist eine Trauermusik. Sie rebelliert gegen den Tod als ein Versuch der Vergegenwärtigung des Toten in Kunst und trägt Züge eines Rituals, einer Beschwörung.
Nono arbeitete auf Anregung von Maurizio Pollini an einem Werk für Klavier und Orchester, als ihn im September des Jahres 1971 die Nachricht vom Unfalltod des jungen chilenischen Aktivisten der extremen Linken, Luciano Cruz, erreichte: „Ich hatte ihn im Juni desselben Jahres in Santiago als einen Mann von starker Intelligenz kennengelernt, und daraus war eine solidarische Freundschaft entstanden. Seine Gegenwart in Abwesenheit bestimmte mich zur endgültigen Wahl der Klangstruktur, zur Frage nach dem Warum. Ich erweiterte den ersten Entwurf durch Hinzufügen einer Singstimme (Sopran) auf Verse aus einem Gedicht des argentinischen Dichters Julio Huasi, einem Freunde Lucianos, den ich ebenfalls in Santiago kennengelernt hatte, einem Gedicht auf Luciano Cruz.“
Die elektronischen Zuspielungen beruhen auf von Maurizio Pollini eingespielten Klavierklängen und auf Aufnahmen der Stimme der Solistin der Uraufführung, Slavka Taskova. Durch die elektronische Umformung der Aufnahmen erweiterte Nono den Klavierklang in die Tiefe, verfremdete und vervielfachte er die Sopranstimme. Durch die Positionierung der Lautsprecher hinter dem Orchester versuchte er die Illusion einer quasi endlosen Tiefe des Raumes zu erzeugen. Die elektronischen Klänge sind von Anfang bis Ende des einsätzigen Werkes präsent, das einer sehr klaren Dramaturgie folgt.
„Como una ola de fuerza y luz“ hebt mit zartesten Klängen an. Ein oszilierender Cluster pulsiert zunächst in sanfter Wellenbewegung, umhüllt von Klängen des Tonbands, die anmuten wie ein vielstimmiger Chor aus Okarinas, jenen dem mediterranen Raum entstammenden, aus Ton gefertigten Flöteninstrumenten. Wenn die Singstimme einsetzt, erklingen zunächst die Vokale des Namens Luciano, ehe er gesungen, geflüstert, gerufen wird und vom Band verfremdete Echos der menschlichen Stimme: eine geradezu magische Invokation. „Duro deciso“ (hart, entschlossen) folgt das eigentliche Lamento in zerklüfteter expressiver, von deklamatorischen Einschüben durchsetzter vokaler Diktion.
Mit dem Einsatz des Solo-Klaviers hebt der zweite große Abschnitt des Werkes in denkbar starkem Kontrast an. In den tiefsten Registern des Klaviers und vom Tonband wird ein zerfurchtes Klangband etabliert, in das dunkel-metallische, von komplexen Rhythmen aufgeraute und vom Schlagwerk sowie gelegentlich den tiefen Streichern sekundierte Klangblöcke der Bläser eingesenkt werden, eine Art weltliches „De profundis“, das übrigens die Klangwelt von Friedrich Goldmanns wenige Jahre später entstandenem gleichnamigen Orchesterwerk inspiriert haben könnte.
Wie eine Insel der Entrückung wirkt die folgende, vor allem von der Singstimme getragene Episode: „kinderstimmen / begleiten / sanfte glocken / für / deine jugend.“
Der nun anschließende Abschnitt entspricht dem Titel des Werkes mit einer Musik von beklemmender Suggestivität: Ein schwarzer Klang wird in einem sich in mehreren Wellenbewegungen entfaltenden Prozess ausgehend von den tiefsten Regionen aufgeblendet zu einem Höchstmaß an Licht im grellen Pfeifen von vier Pikkoloflöten und elektronischen Klängen in extrem hoher Lage. Aus diesem Moment höchster Anspannung löst sich der Epilog: „Klavier live, Orchester und Tonband: kollektive Explosion in der Gewissheit der Anwesenheit. Programmmusik? Nun warum nicht? Wo der Titel in direktem Zusammenhang mit der klanglichen Struktur steht.“ (Luigi Nono)
Julio Huasi
como una ola de fuerza y luz
Luciano!
Luciano!
Luciano!
en los vientos azarósos
de esta tierra
seguirás
flameando
joven como la revolucion
en cada carga de tu pueblo
siempre vivo
y cercano
como el dolor de tu partida.
como una, Luciano!, ola
de fuerza
joven como la revolucion
siempre vivo
y seguirás flameando
luz
para vivir.
voces de ninos
doblen
campanas dulces
por
tu juventud
Julio Huasi
wie eine woge von kraft und licht
Luciano!
Luciano!
Luciano!
in den gewagten stürmen
dieser erde
wirst du
weiter licht strahlen
jung wie die revolution
in jedem kampf deines volkes
stets lebendig
und nah
wie der schmerz deines todes.
wie eine, Luciano!, woge
von kraft
jung wie die revolution
stets lebendig
wirst du weiter licht strahlen
licht
fürs leben.
kinderstimmen
begleiten
sanfte glocken
für
deine jugend.
Mahlers Vierte Sinfonie
„Was mir das Kind erzählt“ – so sollte nach einem frühen Entwurf das Finale der Dritten Sinfonie von Gustav Mahler überschrieben sein. Vielleicht waren es die ohnehin schon riesigen Dimensionen des Werkes, die Mahler dazu bewogen haben, von dem Vorhaben abzusehen und die Dritte nunmehr mit einem hymnisch ausschwingenden Adagio zu beschließen. Jener ursprünglich geplante vokale Finalsatz auf das Wunderhorn-Gedicht „Der Himmel hängt voll Geigen“ hingegen wurde zur Keimzelle der Vierten Sinfonie, deren erste drei Sätze also mit Blick auf das schon vorhandene Finale komponiert wurden. Diese Verschränkung zweier Werke verweist auf ein Charakteristikum Mahlerschen Komponierens, das sich so bei keinem anderen großen Sinfoniker findet. Seine Werke weisen untereinander ein dichtes Netzwerk von Beziehungen auf. Wenn Mahler einmal in einem Brief mit Blick auf den ersten Satz der Zweiten Sinfonie meinte, es sei der Held seiner Ersten, den er da zu Grabe trage, verdeutlicht das eine solche die Werkgrenzen überschreitende Konzeption. Seine Sinfonien wirken wie die Teile eines vielbändigen Romans, dessen Protagonisten Entwicklungen durchlaufen und in dem es vielfach verzweigte Handlungsverläufe gibt, die irgendwann doch wieder verknüpft werden.
An der Vierten Sinfonie lässt sich das Romanhafte der Musik Mahlers besonders gut ablesen, denn sie ist nicht nur der vorausgehenden Sinfonie aufs engste verbunden. Auf dem Höhepunkt des ersten Satzes ertönt eine Fanfare. Mit dieser Fanfare hebt dann der Kopfsatz der Fünften Sinfonie an: ein Trauermarsch. So werden die Sphären des bis dahin dominierenden Kindlich-Naiven und des Todes zusammengerückt. Sie aber sind im Mahlerschen musikalischen Kosmos immer verbunden: Man denke an das verhungernde Kind, von dem das Wunderhorn-Lied „Das irdische Leben“ erzählt, an das streckenweise an ein Kinderlied gemahnende „Urlicht“ aus der Zweiten Sinfonie, das einer endzeitlichen Vision präludiert, an jenen Liederzyklus, der „Kindertotenlieder“ heißt (er wird im dritten Satz der Vierten Sinfonie zitiert) oder an die „seligen Knaben“, die „früh entfernt von Lebechören“ im zweiten Teil der Achten Sinfonie den Himmel der Faust-Schlussszene bevölkern.
Solche Verschränkung von scheinbar Unvereinbarem ist charakteristisch für die gesamte Vierte Sinfonie. Der an der Oberfläche heiter gelöste Tonfall ist nicht geheuer, es ist eine Musik in Anführungszeichen. Die Schellen, die den ersten Satz eröffnen, sind die des Narren. Sie läuten ein doppelbödiges und abgründiges Spiel ein. „Als ob wir in Wien einen Wienerwalzer anfangen“ – so soll nach Mahlers an den Dirigenten Willem Mengelberg gerichteten Worten das nach dem irritierenden Beginn folgende Hauptthema anheben. „Als ob“ ein Kinderliedchen zitiert würde, klingt sodann die Überleitung, die zum breit gesungenen Seitensatz führt. Wie selbstvergessen folgt die Musik der alten klassischen Gepflogenheit und rekapituliert den Hauptsatz, um dann, als sei sie solch formaler Disziplin plötzlich müde geworden, in einem ruhigen Epilog einem kleinen Motiv nachzulauschen, das zunächst dem Hauptthema kontrapunktierte.
Mahler meinte einmal: „Der erste Satz beginnt, als ob er nicht bis drei zählen könnte, dann aber geht es gleich ins große Einmaleins und zuletzt wird schwindelnd mit Millionen und Abermillionen gerechnet.“ So gerät der Satz in der Durchführung immer mehr aus den Fugen, werden imaginäre Kinderlieder durcheinander gewürfelt und scheinen seine Dimensionen verschoben und verzerrt wie im Traum. Das gemessen an den riesigen Klangkörpern der Zweiten und Dritten Sinfonie klein besetzte Orchester wird zu unerhörter instrumentaler Charakterisierungskunst angehalten. Kammermusikalische Verfahren greifen Raum, ungewöhnliche Farben scheinen auf. Wenn etwa die vier Flöten an einer Stelle zum Unisono versammelt werden, klingen sie wie eine „Traumokarina: so müssten Kinderinstrumente sein, die keiner je vernahm.“ (Theodor W. Adorno)
Höhepunkt der Durchführung ist eine absichtsvoll infantile, lärmend lustige Passage, in deren ans Bedrohliche grenzende Ausgelassenheit jene erwähnte Fanfare wie ein Ordnungsruf hineintönt, nach deren Erklingen die Musik rasch verlischt und in einer Generalpause von der Szene gejagt wird. Wie verstört nimmt sie dann einen Gestus an, mit dem im menschlichen Leben vermeintlich Schwächere autoritäres Gebaren konterkarieren: Der Gehorsam wird übertrieben. Die Reprise gerät zur Persiflage des Gewesenen.
Das nicht Geheure des Kopfsatzes wird im zweiten Satz ins Sinistre, Spukhafte gewendet. „Freund Hein spielt auf“, soll Mahler den Satz kommentiert haben, der einem Totentanz gleicht. Der erste Geiger hat eine um einen Ganzton heraufgestimmte Violine als Solo-Instrument zu spielen. So klingt sie hell und roh wie eine mittelalterliche Fiedel. Der Satz bezieht sich über weite Strecken auf Walzer- und Ländlermodelle. Aber die Figuren, die einst von im Tanz gesteigerter Lebenslust kündeten, sind beschädigt und werden nun zum makabren, leiernden, todtraurigen Reigen versammelt. Nur in den Triopartien wird der geisterhafte Ton suspendiert und heftet sich der Blick an einen Sehnsuchtsort.
Sind die ersten beiden Sätze „uneigentliche“ Musik, eben Musik des „als ob“, so spricht der dritte Satz eine unverstellte Sprache. Es ist ein Variationssatz über zwei dem Tongeschlecht nach unterschiedene Themengruppen. Die erste gleicht einem ungemein innigen und beseelten Gesang, während die zweite gleichsam musikalische Prosa spricht und einer expansiven Dynamik folgt. Der Gegensatz des Themenpaares wird im Verlauf des Satzes immer deutlicher gezeichnet. Kurz vor Schluss leuchtet einer Epiphanie gleich in äußerster Kraftentfaltung des Orchesters die „Himmelstonart“ E-Dur auf und wird in einer überirdisch anmutenden Vision das Finalthema vorweggenommen. Angeklungen war es freilich schon vorher – in der „Traumokarina“-Passage und auf dem Höhepunkt des ersten Satzes. Jetzt aber findet die Musik nicht mehr den Weg zurück, sondern erlischt auf der Dominanttonart, gleichsam in jenem Himmel, den auszumalen der letzte Satz sich anschickt.
„Wir genießen die himmlischen Freuden“, verheißt der Text aus „Des Knaben Wunderhorn“ und malt den christlichen Himmel als Schlaraffenland aus, in dem es freilich nicht ohne Blut, Gewalt und Opfer abgeht: „Johannes das Lämmlein auslasset, der Metzger Herodes drauf passet! Wir führen ein geduldig’s, unschuldig’s, geduldig’s, ein liebliches Lämmlein zu Tod!“ Die Paradiesmusik wird indes immer wieder vernehmlich gestört: Es ist die nunmehr klanglich erheblich geschärfte Narren-Musik des Beginns der Sinfonie, welche die Himmelsvision desavouiert. Wenn am Ende der Text davon spricht, „dass alles für Freuden erwacht“, schläft die Musik ein. „Morendo“ – ersterbend – lautet die Vortragsbezeichnung: „Unerreichbar bleibt Freunde, und keine Transzendenz ist übrig als die von Sehnsucht.“ (Theodor W. Adorno) In dieser Kraft zur Desillusion antizipiert die 4. Sinfonie bereits Tendenzen des Mahlerschen Spätwerkes.
Wurde eingangs schon auf die Verquickung von dritter und vierter Sinfonie hingewiesen, so lässt sich die Vorgeschichte der Vierten Sinfonie noch weiter zurückverfolgen. Komponiert wurde „Das himmlische Leben“ – das später zum Finale der Vierten werden sollte – schon 1892 gemeinsam mit einigen anderen Wunderhorn-Gesängen, noch während Mahler an seiner Zweiten Sinfonie arbeitete. Diese Wunderhorn-Lieder sollten zunächst „Humoresken“ genannt werden. Der Titel findet sich auch auf einem Satzplan für eine sechssätzige „Symphonie Nro IV“, in die (als zweiter, vierter und sechster Satz) einige der Wunderhorn-Gesänge integriert worden wären:
Nr. 1 Die Welt als ewige Jetztzeit (G-Dur),
Nr. 2 Das irdische Leben (es-Moll)
Nr. 3 Caritas H-Dur (Adagio)
Nr. 4 Morgenglocken, F-Dur
Nr. 5 Die Welt ohne Schwere, D-Dur (Scherzo)
Nr. 6 Das himmlische Leben, G-Dur
Wir wissen nicht genau, von wann dieser Plan stammt, vermutlich aber aus einer Zeit, in der Mahler noch an der Dritten Sinfonie arbeitete, aber schon entschieden hatte, „Das himmlische Leben“ nicht in die Sinfonie einzubeziehen. Es ist wahrscheinlich, dass Nr. 4 identisch ist mit dem Wunderhorn-Lied „Es sungen drei Engel ein’ süßen Gesang“, der zum fünften Satz der Dritten Sinfonie wurde. Auf die Idee eines Caritas-Adagios kam Mahler bei den Entwürfen zur Achten Sinfonie nochmals zurück. „Das irdische Leben“ hat Mahler nicht in eine Sinfonie einbezogen, sondern als Lied veröffentlicht. Ein Scherzo in D-Dur hat er in der Fünften realisiert. An der Idee, „Das himmlische Leben“ zum Finale der Vierten zu machen, hat er hingegen festgehalten.
Wir genießen die himmlischen Freuden,
D'rum tun wir das Irdische meiden.
Kein weltlich' Getümmel
Hört man nicht im Himmel!
Lebt alles in sanftester Ruh'.
Wir führen ein englisches Leben,
Sind dennoch ganz lustig daneben;
Wir tanzen und springen,
Wir hüpfen und singen,
Sanct Peter im Himmel sieht zu.
Johannes das Lämmlein auslasset,
Der Metzger Herodes d'rauf passet.
Wir führen ein geduldig's,
Unschuldig's, geduldig's,
Ein liebliches Lämmlein zu Tod.
Sanct Lucas den Ochsen tät schlachten
Ohn' einig's Bedenken und Achten.
Der Wein kost' kein Heller
Im himmlischen Keller;
Die Englein, die backen das Brot.
Gut' Kräuter von allerhand Arten,
Die wachsen im himmlischen Garten,
Gut' Spargel, Fisolen
Und was wir nur wollen.
Ganze Schüsseln voll sind uns bereit!
Gut' Äpfel, gut' Birn' und gut' Trauben;
Die Gärtner, die alles erlauben.
Willst Rehbock, willst Hasen,
Auf offener Straßen
Sie laufen herbei!
Sollt' ein Fasttag etwa kommen,
Alle Fische gleich mit Freuden angeschwommen!
Dort läuft schon Sanct Peter
Mit Netz und mit Köder
Zum himmlischen Weiher hinein.
Sanct Martha die Köchin muß sein.
Kein' Musik ist ja nicht auf Erden,
Die unsrer verglichen kann werden.
Elftausend Jungfrauen
Zu tanzen sich trauen.
Sanct Ursula selbst dazu lacht.
Cäcilia mit ihren Verwandten
Sind treffliche Hofmusikanten!
Die englischen Stimmen
Ermuntern die Sinnen,
Daß alles für Freuden erwacht.
Das Konzerthausorchester Berlin spielt seit der Saison 2023/24 unter Leitung von Chefdirigentin Joana Mallwitz. Sie folgt damit Christoph Eschenbach, der diese Position ab 2019 vier Spielzeiten innehatte. Als Ehrendirigent ist Iván Fischer, Chefdirigent von 2012 bis 2018, dem Orchester weiterhin sehr verbunden.
1952 als Berliner Sinfonie-Orchester (BSO) gegründet, erfuhr das heutige Konzerthausorchester Berlin von 1960 bis 1977 unter Chefdirigent Kurt Sanderling seine entscheidende Profilierung und internationale Anerkennung. Seine eigene Spielstätte erhielt es 1984 mit Wiedereröffnung des restaurierten Schauspielhauses am Gendarmenmarkt. Zehn Jahre später wurde das BSO offizielles Hausorchester am nun umgetauften Konzerthaus Berlin und trägt seit 2006 dazu passend seinen heutigen Namen. Dort spielt es pro Saison mehr als 100 Konzerte. Außerdem ist es regelmäßig auf Tourneen und Festivals im In- und Ausland zu erleben. An der 2010 gegründeten Kurt-Sanderling-Akademie bilden die Musiker*innen hochbegabten Orchesternachwuchs aus.
Einem breiten Publikum auf höchstem Niveau gespielte Musik nah zu bringen, ist dem Konzerthausorchester wesentliches Anliegen. Dafür engagieren sich die Musiker*innen etwa bei „Mittendrin“, wobei das Publikum im Konzert direkt neben Orchestermitgliedern sitzt, als Mitwirkende in Clipserien im Web wie dem mehrfach preisgekrönten #klangberlins oder in den Streams „Spielzeit“ auf der Webplattform „twitch“. Die Verbundenheit mit Berlin zeigt sich im vielfältigen pädagogischen und sozialen Engagement des Orchesters mit diversen Partnern in der Stadt.
Seit der Saison 2023/24 ist Joana Mallwitz Chefdirigentin und Künstlerische Leiterin des Konzerthausorchesters Berlin.
Spätestens seit ihrem umjubelten Debüt bei den Salzburger Festspielen 2020 mit Mozarts „Cosi fan tutte“ zählt Joana Mallwitz zu den herausragenden Dirigent*innenpersönlichkeiten ihrer Generation. Ab 2018 als Generalmusikdirektorin am Staatstheater Nürnberg tätig, wurde sie 2019 als „Dirigentin des Jahres“ ausgezeichnet. In den vergangenen Jahren war sie an der Nationale Opera Amsterdam, dem Opera House Covent Garden, an der Bayerischen Staatsoper, der Oper Frankfurt, der Royal Danish Opera, der Norwegischen Nationaloper Oslo und der Oper Zürich zu Gast.
Konzertengagements führten sie zum Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, HR- und SWR-Sinfonieorchester, den Dresdner Philharmonikern, dem Philharmonia Orchestra London, den Münchner Philharmonikern, dem City of Birmingham Symphony Orchestra, dem Orchestre National de France, dem Orchestre de Paris und den Göteborger Symphonikern und als Porträtkünstlerin zum Wiener Musikverein.
Nach ihrem langjährigen Engagement als Kapellmeisterin am Theater Heidelberg trat Mallwitz zur Spielzeit 2014/2015 als jüngste Generalmusikdirektorin Europas ihr erstes Leitungsamt am Theater Erfurt an. Dort rief sie die Orchester-Akademie des Philharmonischen Orchesters ins Leben und begründete das Composer in Residence-Programm „Erfurts Neue Noten“. Ihre ebenfalls in dieser Zeit konzipierten „Expeditionskonzerte“ wurden auch am Staatstheater Nürnberg und als Online-Format ein durchschlagender Erfolg.
In Hildesheim geboren, studierte Joana Mallwitz an der Hochschule für Musik und Theater Hannover Dirigieren bei Martin Brauß und Eiji Oue sowie Klavier bei Karl-Heinz Kämmerling und Bernd Goetzke.
Joana Mallwitz ist Trägerin des Bayerischen Verfassungsordens und des Bundesverdienstkreuzes. Sie lebt mit Mann und Sohn in Berlin.
In ihrer Debütsaison 2023/24 nahm Joana Mallwitz mit dem Konzerthausorchester Berlin Werke von Kurt Weill auf. Sie erschienen vor kurzem bei Deutsche Grammophon, wo die Chefdirigentin Exklusivkünstlerin ist. Im Frühsommer 2024 kam „Momentum“, ein Dokumentarfilm von Günter Atteln über ihren Weg ans Konzerthaus Berlin, in die Kinos.
Tamara Stefanovich widmet sich als eine der führenden Interpretinnen des zeitgenössischen Klavierrepertoires den Werken der klassischen Moderne, sowie zahllosen neuen Kompositionen und begeistert ihr Publikum weltweit mit ausgeklügelten Recital-Programmen oder als Solistin der bedeutenden internationalen Orchester. Sie konzertiert unter anderem mit dem Cleveland Orchestra, dem Chicago Symphony Orchestra, dem London Symphony und Philharmonic Orchestras, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Chamber Orchestra of Europe und dem Mahler Chamber Orchestra. Regelmäßig tritt sie in den renommiertesten Konzertsälen der Welt, darunter Suntory Hall Tokyo, London’s Royal Albert und Wigmore Halls, Philharmonie Berlin, Elbphilharmonie Hamburg, Philharmonie de Paris und Tonhalle Zürich, auf. Sie ist regelmäßig Gast bei hochkarätigen Festivals, wie den Salzburger Festspielen, den Schwetzinger SWR Festspielen, Musikfest Berlin, Klavier-Festival Ruhr, beim Internationalen Musikfest Hamburg, Flagey Piano Days, London Piano Festival und den BBC Proms.
Nach ihrem gefeierten Debüt mit Israel Philharmonic unter der Leitung von Kirill Petrenko und der deutschen Erstaufführung von Magnus Lindbergs Klavierkonzert Nr. 3 mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester unter Esa-Pekka Salonen, widmet sich Stefanovich weiterhin der Interpretation einer großen Bandbreite an Klavierkonzerten von Liza Lims World as Lover, World as Self bis hin zu Ravel, Abrahamsen, Bartók und Szymanowski und begeistert ihr Publikum mit ihren beliebten und fesselnden Recital-Marathons im Rahmen derer sie an einem Abend 50 Etüden oder 20 Sonaten spielt. Tamara Stefanovich beginnt ihre Saison 2024/25 mit Aufführungen von Luigi Nonos brillantem Konzert Como una ola de fuerza y luz mit dem Konzerthausorchester Berlin, gefolgt von Engagements mit der Fundação Casa da Música, dem BBC Symphony Orchestra und dem Orchestre Philharmonique de Radio France. Recitals führen sie unter anderem in den Boulez Saal Berlin, zum Muziekgebouw Amsterdam, zum Gewandhaus Leipzig und in die Wigmore Hall.
Neue Wege beschreitet Tamara Stefanovich mit Christopher Dell, Christian Lillinger und Jonas Westergard in dem innovativen Jazz- und Improvisationsprojekt "SDLW". Nach der umjubelten Premiere in der Philharmonie Köln war das Quartett in Berlin, Hamburg, München und beim Klangspuren Festival Schwaz zu sehen. Beide Alben des Ensembles, das erste Album erschien im Juni 2022, das andere im Mai 2024 bei bastille musique, wurden von den Kritikern für den einfallsreichen und aufregenden Sound hoch gelobt. Das jüngste Album gewann den Preis der Deutschen Schallplattenkritik 2024.
Eine enge Zusammenarbeit verbindet Tamara Stefanovich mit Komponisten wie Pierre Boulez, Sir George Benjamin, György Kurtág und Hans Abrahamsen. Außerdem tritt sie mit Kammermusikpartnern wie Matthias Goerne und Pierre-Laurent Aimard und Dirigenten wie Esa-Pekka Salonen und Joana Mallwitz auf.
Ihre preisgekrönte Diskographie umfasst unter anderem eine Aufnahme von Kurtágs Quasi una Fantasia und seines Doppelkonzerts mit dem Asko | Schönberg Ensemble unter Reinbert de Leeuw bei ECM, die mit dem Edison Award ausgezeichnet wurde. Ihre Aufnahme von Bartóks Konzert für zwei Klaviere, Schlagzeug und Orchester mit Pierre-Laurent Aimard und dem London Symphony Orchestra unter der Leitung von Pierre Boulez für Deutsche Grammophon wurde für einen Grammy nominiert. Tamaras Album Influences widmete sie den Werken von Ives, Bartók, Messiaen und Bach auf Pentatone. Ihr jüngstes Album bei Pentatone ist der zweiten Sonate von Pierre Boulez gewidmet und wird zum 100. Geburtstag des Komponisten im März 2025 erscheinen.
Tamara leitet regelmäßig Bildungsprojekte im Londoner Barbican Centre, in der Kölner Philharmonie und beim Klavier-Festival Ruhr. Sie war Mitbegründerin und Kuratorin des Portland International Piano Festival „The Clearing“ und Gastprofessorin an der Londoner Royal Academy of Music und der Accademia di Musica Pinerolo. Sie studierte in Belgrad, am Curtis Institute und an der Kölner Musikhochschule bei A.O. Claude Frank und Radu Lupu.
Die französisch-zypriotische Sopranistin ist als preisgekrönte Interpretin des zeitgenössischen Repertoires die erste Sängerin überhaupt, die den Belmont Prize for Contemporary Music 2022 gewonnen hat, und wurde außerdem beim Kissinger Sommer Festival 2021 mit dem Luitpold-Preis für die herausragende Leistung eines Newcomers ausgezeichnet. Höhepunkt ihrer Saison 2023/24 war das 100-jährige Jubiläum Ligetis mit mehreren Auftritten in „Le Grande Macabre“, außerdem eine Weltpremiere von Brett Dean mit dem Scharoun Ensemble, ein Programm mit dem Titel „Transfiguré – 12 vies de Schönberg“ mit dem Orchestre de Paris unter der Leitung von Ariane Matiakh und unter der Regie von Bertrand Bonello, Benjamins „Into the Little Hill“ mit der Staatskapelle Berlin unter Finnegan Downie Dear, ein Late-Night-Konzert mit Jörg Widmann in der Philharmonie Berlin und Bachs Johannes-Passion mit dem RIAS Kammerchor und der Akademie für Alte Musik unter der Leitung von Justin Doyle. Zu den Höhepunkten der Saison 2024/25 zählen die Rolle der Aquella Muchacham in Beat Furrers neuer Oper „Das große Feuer“ am Opernhaus Zürich, Faurés Requiem mit dem Orchestre de Paris und Klaus Mäkelä, „Carmina Burana“ mit dem Bergen Philharmonic Orchestra und Aziz Shokhakimov sowie ihr Debüt mit dem Cleveland Orchestra für „La Voix Humain“ unter Franz Welser-Möst. Im Jahr 2021 veröffentlichte Aristidou ihr Debütalbum AETHER bei Alpha Classics, das für einen BBC Music Magazine Award nominiert wurde; ihr zweites Album „Enigma“ erschien im November 2023, ebenfalls bei Alpha Classics.
Christina Bauer studierte Elektroakustik sowie Musikwissenschaft und Slawistik in Wien und Moskau.
Als freiberufliche Klangregisseurin ist sie vorwiegend im Bereich der Neuen und Experimentellen Musik tätig. In enger Zusammenarbeit mit Komponist:innen entwickelt sie Designs für unterschiedlichste raumakustische, dramaturgische und klangästhetische Anforderungen. Unter anderem arbeitete sie mit Mirela Ivičević, Johannes Kalitzke, Matthias Kranebitter, Bernhard Lang, Olga Neuwirth, Pia Palme, Heinz Reber und Wolfgang Suppan zusammen. Mit einer Reihe von Festivals und Ensembles wie Wien Modern, den Salzburger Festspielen, der Neuen Oper Wien, dem Black Page Orchestra, dem Klangforum Wien, dem Donaufestival verbindet sie eine langjährige enge Zusammenarbeit.
http://christinabauer.org/