20.00 Uhr
Weihnachtskonzert des Georg-Friedrich-Händel-Gymnasiums
VIOLA BLACHE Sopran
AVIGAIL BUSHAKEVITZ Violine
ANDREAS FELDMANN Violine
NILAY ÖZDEMIR Viola
SUSANNE SZAMBELAN Violoncello
HENRY PURCELL (1659 - 1695)
Fantasia à 4 G-Dur Z. 742
Vier Arien der Nacht aus der Oper „The Fairy Queen“, für Sopran und Streichquartett bearbeitet von Federico Kurtz de Griñó
„See even night herself is here” (Night)
„I am come to lock all fast" (Mystery)
„One charming night" (Secrecy)
„Hush no more" (Sleep)
„A Dance of the Followers of Night” aus der Oper „The Fairy Queen“
CAROLINE SHAW (*1982)
„Three Essays“ für Streichquartett
Nimrod
Echo
Ruby
„Other Song“ für Sopran und Streichquartett
PAUSE
JOSEPH HAYDN (1732 - 1809)
Streichquartett C-Dur op. 33 Nr. 3 Hob III:39 („Vogelquartett“)
Allegro moderato
Scherzo. Allegretto - Trio
Adagio
Finale. Rondo presto
CAROLINE SHAW
„Cant voi l’aube“ für Sopran und Streichquartett
„And so“ für Sopran und Streichquartett
HENRY PURCELL
„Sweeter than Roses“ aus der Bühnenmusik zu „Pausanias the Betrayer of his Country“, für Sopran und Streichquartett bearbeitet von Federico Kurtz de Griñó
Wie in einem musikalischen Kaleidoskop schichten sich in diesem Programm die ästhetischen und stilistischen Ebenen übereinander, spiegeln, erkunden und transformieren die Möglichkeiten des Streichquartetts: Kurze Werke von Henry Purcell klammern zusammen mit Caroline Shaws zeitgenössischen Gedanken über das Verhältnis von Sprache und Musik Joseph Haydns „Vogelquartett“ ein, das gemeinhin als die Geburtsstunde des klassischen Streichquartetts gelten kann.
Zumindest, wenn man den Worten des Musikhistorikers Ludwig Finscher glaubt: „Haydns Opus 33 ist das Epochenwerk, in dem das Streichquartett seine erste klassische Verwirklichung gefunden hat“, schreibt er, „im vollen Sinne des Begriffs.“ Haydn nämlich vereint Finschers Analyse zufolge in diesem Werk „alle musikalischen Sphären vom Gelehrten über das Galante, das Expressiv-‚Empfindsame‘ und das Divertimentohafte bis zum Volkstümlichen“. Damit wurde das sogenannte „Vogelquartett“ für Zeitgenossen und spätere Generationen zum Referenzstück – nicht zuletzt wegen dieser vier Sätze wandte sich auch Wolfgang Amadeus Mozart der Gattung zu. Ihren Beinamen trägt die Komposition dabei vor allem deshalb, weil Haydn im Kopfsatz, dem Trio oder auch in den repetierten Terzen im Finale viele Melodienoten mit Vorschlägen versieht, die in der kollektiven Wahrnehmung als Nachahmung von Vogelrufen gehört wurden.
Caroline Shaws Werke im Programm können vor diesem Hintergrund als zeitgenössische Antwort auf Haydns genreprägende Initialzündung gelesen werden: Ihre „Three Essays“ hat die Komponistin im Jahr 2016 geschrieben, kurz nachdem Donald Trump das erste Mal zum Präsidenten der USA gewählt wurde. Sprache offenbarte sich ihr in dieser Zeit auf schockierende Weise nicht nur als Mittel, um Informationen zu teilen und sich zu organisieren, sondern ebenso als Instrument, das Mächtige nutzten, um Verwirrung zu stiften, Hass zu schüren, die Gesellschaft zu spalten. In „Three Essays“ widmet sich die Komponistin der Kraft dieser vielschichtigen und ambivalenten Kraft der Sprache: Im ersten Teil „Nimrod“, der nach dem Aufseher beim Bau des Turms zu Babel benannt ist, spielt Shaw mit musikalischer Kommunikation und Fehlkommunikation, mit Imitation und Gegensätzlichkeit und dem Zerfall von orientierenden Strukturen. „Echo“, der zweite Satz, treibt das Prinzip des Widerhalls bis zu einem kakophonen Höhepunkt – und „Ruby“ (benannt nach der gleichnamigen Programmiersprache) wiederum versucht das Chaos wieder in eine Ordnung zu bringen.
Die Songs „And so“ und „Cant voi l’aube“ sind Kompositionen für Stimme und Streichquartett, „Other song“ für Stimme und Ensemble, in denen Caroline Shaw direkt mit vertonter Sprache arbeitet: Der Text von „And so“ etwa ist angelehnt an Gertrude Steins berühmte Feststellung „A rose is a rose is a rose“ – hier steht der Begriff der Rose gleichzeitig für alle existierenden Assoziationen mit ihm. Denn Begriffe, so Stein, verweisen auf nichts anderes als sich selbst. Die Wiederholung ließe sich also unendlich fortführen. Der Text zu „Cant voi l’aube“ wird dem französischen Minnesänger Gace Broulé zugeschrieben und stammt aus dem 12. Jahrhundert: ein typisches Morgenlied, in dem zwei Liebende daran erinnert werden, dass sie sich mit der aufgehenden Sonne diskret voneinander trennen müssen. „Other song“ (Text: Shaw) wiederum stammt vom Album „Let the Soil Play Its Simple Part“ (2021), auf dem die Komponistin, begleitet von dem Ensemble Sō Percussion, selbst als Sängerin debütierte.
Mit seinem ersten Lied betritt der 16-jährige Henry Purcell im Jahr 1675 ebenfalls neue Gefilde: „Sweeter than roses“ beschreibt den ersten Kuss zwischen zwei Liebenden. In seiner 17 Jahre später komponierten Semi-Oper „The Fairy Queen“ geht es ebenfalls um die Liebe – doch hier spielt der Komponist mit der Verwirrung. Im Grunde beruht das Werk auf Shakespeares „Sommernachtstraum“, hat mit der Komödie an sich aber kaum mehr etwas zu tun. Purcell nämlich vertont keinen einzigen Vers aus Shakespeares Werk, nicht einmal eine der ursprünglichen Hauptfiguren bekommt Platz auf der Opernbühne. Vielmehr nutzt der Komponist – den Gepflogenheiten des Londoner Musiktheaters folgend – effektvolle Szenen für unterhaltsame musikalische Einlagen. Die fünf Arien in diesem Programm funktionieren dementsprechend auch völlig ohne die rahmende Handlung und machten freilich auch außerhalb des Musiktheaterwerks ihren Weg ins Repertoire. Inhaltlich bewegen sich beide Stücke – „Ein Sommernachtstraum“ von Shakespeare und Purcells Semi-Opera – dennoch im gleichen Universum: In der besagten Nacht verwirren sich die Liebesbeziehungen im Königreich, und nichts ist, wie es einmal schien. Vermeintlich glückliche Paare fristen ein emotional zerstörtes Leben. In allgemeiner Enthemmung fallen schließlich die Masken, und die Anwesenden lassen sich von ihren Trieben und Emotionen steuern – was sich, so rauschhaft und unwirklich, am nächsten Morgen anfühlt, als sei alles nur ein Traum gewesen.
Die Leipzigerin Viola Blache studierte Alte Musik in ihrer Heimatstadt sowie in Amsterdam mit Vertiefung im Bereich Interdisziplinäre Performance. Geprägt wurde sie auch durch
Margreet Honig, Dorothee Mields und Peter Kooij. Sie ist regelmäßig mit dem Solistenensemble Vox Luminis zu hören, beispielsweise in den Oratorien Bachs oder in den Semi-Opern von Henry Purcell. Eine enge Zusammenarbeit verbindet sie mit der Cembalistin Elina Albach und dem Ensemble Continuum. Weiterhin musizierte sie mit dem Collegium Vocale Gent und der Nederlandse Bachvereinigung. Als Sonderpreisträgerin des Bachwettbewerbs und des Telemannwettbewerbs Magdeburg war Viola wiederholt Gast bei Festivals mit Schwerpunkt Alte Musik wie dem Bachfest Leipzig oder dem Oude Muziek Festival Utrecht. Als Interpretin Neuer Musik arbeitete sie mit dem LOD Muziektheater Gent zusammen und stand in „The Little Match Girl Passion“ von David Lang in einer Produktion des Balletts am Rhein u.a. beim Beethovenfest Bonn auf der Bühne.
Ihre Passion für den Ensemblegesang verdankt Viola ihrer Vokalgruppe Sjaella. Das
preisgekrönte weibliche Ensemble war zuletzt in der Ballettproduktion „Giselle“ an der Oper Leipzig zu hören. Im Januar 2025 brachte Sjaella Paola Prestinis neue Oper „Primero Sueño“ in den Met Cloisters in New York zur Uraufführung.
wurde in Israel geboren und ist in Südafrika aufgewachsen. Sie studierte an der New Yorker Juilliard School bei Sylvia Rosenberg, anschließend in Tel Aviv sowie schließlich in Berlin bei Ulf Wallin an der Hochschule für Musik Hanns Eisler. Seit 2014 ist sie Mitglied im Konzerthausorchester Berlin. Am Konzerthaus spielt sie außerdem im Franz Trio und im Konzerthaus Kammerorchester. Sie gewann Violinwettbewerbe in Israel, Spanien und Südafrika und tritt als Solistin regelmäßig mit allen großen Sinfonieorchestern Südafrikas auf. Als Kammermusikerin konzertiert sie unter anderem in Duoprogrammen mit ihrem Bruder, dem Pianisten Ammiel Bushakevitz.
wurde in Fulda geboren und absolvierte sein Studium an der Universität der Künste Berlin. Seit 2018 ist er Mitglied im Konzerthausorchester Berlin und spielt außerdem im Konzerthaus Kammerorchester. Als Preisträger zahlreicher Wettbewerbe spielte er solistisch mit Orchestern wie den Göttinger Symphonikern, der Thüringischen Philharmonie oder der Philharmonie Südwestfalen und tritt regelmäßig kammermusikalisch bei großen Festivals auf. Andreas Feldmann ist Mitglied des aktuellen Orchestervorstands.
wurde im türkischen Antalya geboren. Die Stellvertretende Solo-Bratscherin studierte in Leipzig bei Tatjana Masurenko, in Paris bei Jean Sulem und in Berlin bei Tabea Zimmermann an der Hochschule für Musik Hanns Eisler sowie aktuell an der Universität der Künste bei Hartmut Rohde. Seit 2019 ist sie Mitglied im Konzerthausorchester Berlin, außerdem spielt sie am Konzerthaus im Quartett Polaris. Sie war Stipendiatin der Kurt-Sanderling-Akademie des Konzerthausorchesters. Nilay Özdemir war zu Gast beim Krzyzowa Kammermusik Festival und Stipendiatin verschiedener renommierter Akademien (Verbier Festival, Kronberg, Seiji Ozawa).
Die polnische Cellistin wurde in New York geboren und wuchs in Posen, Polen, auf. 2014 zog sie nach Berlin, wo sie ihr Bachelor- und Masterstudium an der Hochschule für Musik Hanns Eisler bei Stephan Forck und Claudio Bohorquez abschloss. Ihre Leidenschaft für Kammermusik führte zu Auftritten mit Künstlern wie Boris Brovtsyn, Daniel Hope und dem Scharoun Ensemble. Von 2021 bis 2024 war sie Stipendiatin des Kammermusikprogramms Villa Musica Rheinland-Pfalz, Deutsche Orchester-Stiftung #MusikerZukunft 2023. Außerdem war sie Stipendiatin der Kurt-Sanderling-Akademie des Konzerthausorchesters Berlin für 2022 und 2023. Im Jahr 2023 gab sie ein Solokonzert in der Laeiszhalle Hamburg. Susanne trat bei Festivals in Polen, Spanien, in der Schweiz und in Mexiko auf.