Dover Quartet

von Andreas Hitscher 12. November 2025

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Inhalt

Dover Quartet

 
Joel Link  
Violine
Bryan Lee  Violine
Pierre Lapointe  Viola 
Camden Shaw  Violoncello 

Jessie Montgomery (*1981)
Strum
 

Pura Fé (*1995)
„Rattle Songs“, für Streichquartett bearbeitet von Jerod Impichchaachaaha' Tate
Shanoojhee 
Viri Kuta
Haweheemo
Grammah Easter's Lullaby
For the Pepper (In Memory of Jim Pepper)
Women's Shuffle
Great Grandpah's Banjo 

 

Jerod Impichchaachaaha' Tate (*1968)
„Abokkoli' Taloowa'“ (Woodland Songs/Waldlieder)
Fani' (Eichhörnchen)
Bakbak (Specht)
Issi' (Hirsch)
Shawi' (Waschbär)
Nanni' (Fisch)

 

Pause 
 

Antonín Dvořák (1841 – 1904)
Streichquartett Nr. 12 F-Dur op. 96 („Amerikanisches“)
Allegro ma non troppo
Lento
Molto vivace
Vivace ma non troppo

 

 


Die Kompositionen von Jerod Impichchaachaaha' Tate wurden vom Curtis Institute of Music und den folgenden Partnern in Auftrag gegeben: Arizona Friends of Chamber Music; Cal Performances, UC Berkeley; Carnegie Hall; Chamber Music Houston; Chamber Music Northwest; Chamber Music Pittsburgh; Chamber Music Society of Fort Worth; Friends of Chamber Music Denver; Kingston Chamber Music Festival; Northwestern University's Bienen School of Music und Shriver Hall Concert Series. 

Tanz und Bewegung

Mit dem heutigen Programm nimmt uns das Dover Quartet mit in seine amerikanische Heimat. Jessie Montgomery wirkt auch als Kammermusikerin und Musikpädagogin. Sie ist Absolventin der Juilliard School und der New York University und erhielt 2024 einen Grammy Award für ihr Werk „Rounds“. Über ihr etwa siebenminütiges Stück „Strum“ (komponiert 2006, revidiert 2012) sagt Jessie Montgomery: „Das Stück schöpft aus amerikanischen Redewendungen und einer Stimmung von Tanz und Bewegung. Es folgt einer Art Erzählung, die mit flüchtiger Nostalgie beginnt und sich in ein ekstatisches Fest verwandelt.“

Die indigene Sängerin und Liedermacherin Pura Fé vom Stamm der Tuscarora wurde in New York in eine Künstlerfamilie hinein geboren und vor allem mit dem von ihr begründeten A-Cappella-Trio „Ulali“ bekannt, für das sie auch ihre „Rattle Songs“ schrieb. Jerod Impichchaachaaha' Tate schuf seine Bearbeitung auf eine Bitte des Cellisten des Dover Quartets hin und bemerkt dazu: „Die Musik der Chickasaw basiert auf dem Schütteln von Schildkrötenpanzern als Perkussion (…). Das Volk der Tuscarora hat eine sehr ähnliche Tradition des Schüttelns von Schildkrötenpanzern, wie die meisten indigenen Waldstämme. In ‚Rattle Songs‘ hat Ulali Lieder aus verschiedenen Teilen der First Nation zusammengebracht und sie auf brillante Weise in den traditionellen Stil des Muschelschüttelns der Wälder eingebettet. (…). Ich habe nicht absichtlich versucht, den genauen Klang der Rasseln aus den ursprünglichen Liedern zu imitieren, sondern habe ihnen im Streichquartett ein neues Zuhause gegeben. Pura Fé schuf die ‚Rattle Songs‘ als Hommage an ihre nordamerikanischen Ureinwohner, und ich hoffe, dass meine Instrumentierungen eine weitere Ebene der Ehrung unseres Volkes schaffen“.

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Ethos der Waldtiere

Jerod Impichchaachaaha' Tate beschreibt sich als „American Indian“ und engagierten klassischen Komponisten sowie Pianisten, der seine Heimatkultur in sinfonischer Musik, Ballett und Oper zum Ausdruck bringt. Seine im Auftrag des Dover Quartets geschriebenen „Woodland Songs“ gehen auf Bräuche der Chickasaw im Südosten der USA (auch Tat gehört zu diesem Stamm) zurück: „Unsere traditionellen Waldtiere werden so verehrt, dass unsere Familienclans nach ihnen benannt sind. Meine Familie ist Shawi' Iksa', der Waschbär-Clan. Jedes Waldtier hat ein besonderes Ethos, und es gibt viele traditionelle Geschichten über sie. (…) ‚Abokkoli' Taloowa'‘ ist voll von Chickasaw-Melodien, Rhythmen und musikalischen Strukturen. Manchmal treten diese Elemente sehr deutlich hervor, wenn die Melodie romantisch über dem Ensemble schwebt. Manchmal sind sie in die Textur des Quartetts abstrahiert und im Geist des Tieres versteckt. Ich erlaube mir, fließend zwischen kultureller Klarheit und modernem Expressionismus zu tanzen. (…)“

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Böhmisch in Iowa

Dass zur Basis einer neuen amerikanischen Musik selbstverständlich auch der „Gesang des roten Mannes“ gehören müsse, ebenso wie „Kreolenlieder“ oder überhaupt Folklore, egal ob „die Originalgesänge … aus Afrika kämen oder von den Plantagen stammten“, war für Antonin Dvořák schon um 1891 ausgemachte Sache. Aus den USA hatte ihn die Bitte erreicht, hier Konzerte mit eigenen Werken zu dirigieren und die Leitung des neuen Nationalkonservatoriums zu übernehmen. Vor allem sollte der zuhause in Böhmen zur Galionsfigur der „Nationalmusik“ Gewordene nun in Amerika der Musik zur Eigenständigkeit verhelfen.

Bei den Zutaten, die in den musikalischen Schmelztiegel der „Neuen Welt“ gehörten, hatte Dvořák auch nicht die Lieder vergessen, die die europäischen Einwanderer im Gepäck hatten, beziehungsweise die „klagenden Weisen des heimwehkranken Deutschen oder Norwegers“, wie er sie nannte. Und „heimwehkrank“ war auch Dvořák schnell geworden. So fußte die Entscheidung, den Sommerurlaub 1893 in dem Dörfchen Spillville im Staate Iowa zu verbringen, ganz sicher nicht nur auf dem Wunsch nach Kennenlernen der wilden Weiten. Die Dorfbevölkerung hatte ganz besondere Vorzüge: „Lehrer und Pfarrer, alles ist tschechisch und so werde ich unter den Meinen sein ...“ Hier schwelgte er im Glück und kündete in seinem F-Dur-Quartett, in nur gut vierzehn Tagen aufs Papier gebannt, eben davon. Neben der Neunten Sinfonie und dem Cellokonzert gehört das Werk fraglos zu den schönsten Erträgen von Dvořáks amerikanischer Zeit. Wer will, kann es mit einiger Fantasie auch als Reisebericht hören und Bilder an sich vorbei ziehen lassen: Dann stimmt im ersten Satz der Meister selbst unter dem Sonnenflirren der Violinen den Morgengesang an (sein Geld hatte er ja als junger Mann mit der Bratsche in einem Theaterorchester verdient); dann schweift im Lento der Blick über endloses Land unter endlosem Himmel und richtet sich mit dem Wissen, dass doch nicht alles endlos ist, nach innen. Dann steigt der Erzähler, der sich im dritten Satz spazierend an Vogelgezwitscher und Blumenduft erfreute, im Finale zum Ritt in den Sattel ... Oder hat er bei dem rhythmischen Grundimpuls des Schlusssatzes dann doch nicht an munteren Galopp gedacht, sondern an indianische Trommeln, denen er angeblich auf dem Markt von Spillville lauschte? Wir müssen es nicht wissen, um uns von seinem Glück anstecken zu lassen: „Gott sei’s gedankt. Ich bin zufrieden“, schrieb Dvořák auf die Noten.

Noch in Spillville erklang das Quartett zum ersten Mal; öffentlich uraufgeführt wurde es am Neujahrstag 1894 in Boston.

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Dover Quartet

Das Ensemble ist am Curtis Institute of Music beheimatet, wo es 2008 gegründet wurde, und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter Preise wie den Avery Fisher Career Grant und den Ersten Preis bei der Banff International String Quartet Competition 2013. Seine Mitglieder studierten am Curtis Institute of Music, an der Shepherd School of Music der Rice University, am New England Conservatory und am Conservatoire Supérieur de Musique et de Danse de Paris. Sie wurden von Shmuel Ashkenasi, James Dunham, Norman Fischer, Kenneth Goldsmith, Joseph Silverstein, Arnold Steinhardt, Michael Tree und Peter Wiley betreut. Der Name des Quartetts geht auf Samuel Barbers Werk „Dover Beach“ zurück. Seine Mitglieder spielen auf Thomastik-Infeld-Saiten und folgenden Instrumenten: Pietro Guarneri, Mantua, 1710-15, Leihgabe von Irene R. Miller über die Beare’s International Violin Society (Joel Link); Nicolas Lupot, Paris, 1810, Samuel Zygmuntowicz, Brooklyn, 2020 (Bryan Lee); Christophe Landon, 2010 (Pierre Lapointe); Samuel Zygmuntowicz, New York, 2024 (Camden Shaw). Die Saison 2025/26 des Dover Quartets umfasst gemeinsame Auftritte mit Partnern wie Marc-André Hamelin und Edgar Meyer sowie Konzerte in international renommierten Veranstaltungsorten wie der Carnegie Hall, dem Kennedy Center und dem Konzerthaus Berlin. Die heute erklingenden Werke wurden im vergangenen Sommer beim Label Curtis Studio auf der CD „Woodland Songs“ veröffentlicht.

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