Werk der Woche – Bachs Weihnachtsoratorium

von Konzerthaus Berlin 4. Dezember 2024

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Gergő Turai © Marco Borggreve

Für viele Menschen gehört das „WO“ zum Fest wie Christstollen und Tannenbaum – auch am Konzerthaus ist es schöne Tradition!

Komponist im Stress

„Jauchzet, frohlocket“? Noch Anfang Dezember 1734 fühlte sich Thomaskantor Bach wohl gar nicht danach. Es war so kalt, „dass die Vögel an den Ästen festfroren“, und er mit etwas sehr Großem sehr, sehr spät dran: Ein neues sechsteiliges „Schauspiel mit Musik“ über Christi Geburt sollte der Komponist ab 25. Dezember in Leipzig in der Nikolai- und der Thomaskirche aufführen. Dass sein Weihnachtsoratorium rechtzeitig fertig wurde, ist dem „Parodieverfahren“ zu verdanken: Bach recycelte diverse eigene Werke und ließ sie so umtexten, dass sie ein stimmungsvolles Ganzes ergaben.

Der vorausschauende Thomaskantor

Unser ehemaliger Dramaturg Dietmar Hiller beschreibt genauer, was konkret dahintersteckt: Im vergangenen Jahr hatte Bach „mehrfach die Gelegenheit genutzt, sich mit Huldigungskantaten beim sächsischen Kurfürsten Friedrich August II. (...) lautstark in Erinnerung zu bringen.“ Ein Hoftitel sollte her und Festmusik Gunst und Bürokratie auf die Sprünge helfen. Naturgemäß wurden solche Werke dann nur einmal aufgeführt. Ein Glücksfall fürs anstehende Weihnachtsoratorium: Neben anderem fanden sämtliche Arien und Chorsätze zweier Kantaten aus dem Jahre 1733 („Lasst uns sorgen, lasst uns wachen“ BWV 213 und „Tönet, ihr Pauken“ BWV 214) mit neuem Text darin ihren Platz. Dietmar Hiller geht davon aus, „dass Bach bereits vor der Komposition der Gelegenheitswerke deren spätere geistliche Verwendung im Blick hatte.“ Bei seiner Arbeitsbelastung sehr weitsichtig!

Was sitzt denn da im Holz?

Großzügig gebogener, lederüberzogener Holzkorpus, trichterförmiger Schallbecher, kaum Klappen – in Teil II des Weihnachtsoratoriums sind ursprünglich zwei Exemplare der Oboe da caccia besetzt. Gemeinsam mit zwei Oboen d'amore begleiten sie Schalmeien nachahmend die Hirten samt Schafen an die Krippe im Stall von Bethlehem. Bach hat das rare Barockinstrument, das ein Englischhorn-Vorläufer ist, auch in einigen Kantaten und seinen Passionen eingesetzt. Oboisten und Oboistinnen, die dieses Zusatzinstrument beherrschen, sind an Weihnachten und in der Passionszeit sehr gefragt! 

In diesem Jahr stehen bei uns allerdings die Teile I, IV und V des WO auf dem Programm – in ihnen sind neben Oboen nur Oboen d'amore besetzt. Sie haben den sogenannen „Liebesfuß“, den runden Schallbecher, wie ihn ebenfalls das moderne Englischhorn besitzt. Der sorgt für einen lieblich verhangenen Klang, mit dem Baby Jesus besonders gut in den Schlaf gesungen werden kann.

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