In Bezug auf den Zweiten Weltkrieg widmen sich Marc Sinan Company und Ensemble Resonanz in ihrem Kooperationsprojekt DIFFERENT BOMBS der Idee, dass differenziertes Erinnern möglich ist, wenn die Traumata verschiedener Opfergruppen anerkannt und erzählt werden, ohne dabei das komplexe Verhältnis von Täter*innen- und Opferschaft jemals aus dem Blick zu verlieren. Grundlage der künstlerischen Auseinandersetzung ist der damalige Luftkrieg gegen die Zivilbevölkerung.

Vorbild für die Verarbeitung und Verhandlung der historischen Ereignisse und vor allem für den musikalischen Umgang mit dokumentarischem Sprachmaterial ist Steve Reichs (*1936) Stück DIFFERENT TRAINS. Ausgehend von der Erfahrung seiner Zugfahrten zwischen Los Angeles und New York schlägt Reich eine Brücke zu den zur selben Zeit stattfindenden Deportationen jüdischer Familien in nationalsozialistische Konzentrations- und Vernichtungslager im deutsch besetzten Osteuropa. Diesem Schicksal scheint er als jüdischer Junge dank der geographischen Gegebenheiten nur durch Zufall entgangen zu sein.

Auch die Komposition DIFFERENT BOMBS von Marc Sinan geht von persönlichen Erfahrungen und individuellen Erzählungen aus: Die zu Kriegsende 17-jährige Tante des Komponisten erlebte mit ihrer Familie die lebensgefährlichen Luftangriffe der Alliierten auf Berlin, war aber auf ihre Weise auch Teil des nationalsozialistischen Terrorregimes, wenn sie Pläne der V-Waffe durch die Stadt transportierte, die wiederum der Zermürbung der alliierten Zivilbevölkerung durch Luftschläge dienen sollte. Gesungen wird die Geschichte der jungen Berlinerin von Sinans Tochter Alma Su Baute, die heute im Alter ihrer Großtante am Ende des Zweiten Weltkriegs ist.