Fazil Say – unbequemer Brückenbauer

von Annette Zerpner 26. Oktober 2022

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© Marco Borggreve

„Gezi Park 2“ steht im Zentrum Ihres Konzertabends bei unserem Festival „Aus den Fugen“ – war das Stück Ihre Reaktion darauf, die Welt in einem solchen Zustand zu erfahren?

Mein Leben lang war ich ein Brückenbauer, der die Musik des Westens in die Türkei und die Musik der Türkei in den Westen gebracht hat. Das wurde oft als unbequem angesehen, als etwas, das das Übliche „Aus den Fugen“ geraten lässt. Ich kann eigentlich sagen, dass mein ganzes Leben im Festivaltitel „Aus den Fugen“ steckt. 2013 kam es dann zu den Protesten und Ereignissen im Gezipark. Ursprünglich ging es um Naturschutz, dann bekamen die Proteste eine gesellschaftliche Dimension. 

Ich kann eigentlich sagen, dass mein ganzes Leben im Festivaltitel „Aus den Fugen“ steckt.

Als die Ereignisse für die Regierung unbequem wurden, wurden sie auch weltweit wahrgenommen. Währenddessen habe ich wie ein Fotograf aufgenommen, was ich in den sozialen Medien, im Fernsehen und direkt auf der Straße gesehen habe, und dann habe ich komponiert. Das war alles.

Außerdem spielen Sie Stücke von Händel, Beethoven und Schubert – was waren Ihre Überlegungen bei der Zusammenstellung des Rezitals?

Auf meinem Konzertprogramm findet sich neben „Gezi Park 2“ Händels wenig bekannte Suite d-Moll (HWV 437). Händel lebte als Deutscher in England und hatte damit seine eigenen Nöte. Obwohl er Teil der englischen Barockmusik war, ist er von seinen Wurzeln und seinem Wesen tatsächlich ein deutscher Komponist. Die Formulierung „Aus den Fugen“ beschreibt Händel gut.

Beethoven, dessen „Mondscheinsonate“ für mich ebenfalls dazu passt, war ein großer „Umwerter“, der zu Lebzeiten sowohl im Persönlichen als auch in der Welt seine eigenen Revolutionen gemacht hat. 

Die Formulierung „Aus den Fugen“ beschreibt Händel gut.

Schuberts Sonate in B-Dur (D 960) schließlich ist ein Stück nicht von dieser Welt. Er schrieb sie kurz vor seinem Tod, während er unter seiner schweren Krankheit litt. Darin wird ein Austausch zwischen dieser Welt und dem nächsten Leben beschrieben.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ich wünsche mir eine Welt, die in Frieden und Freundschaft lebt und in der an Grenzen keine Hürden in Form von Visa existieren. Für mein eigenes Land wünsche ich mir, dass sich Demokratie entwickelt und das Land regiert.

Ich wünsche mir eine Welt, die in Frieden und Freundschaft lebt.

Ich wünsche mir außerdem, dass man aufhört, Musik und Musiker*innen zu kategorisieren. Ich glaube, das ist falsch. Stattdessen sollten wir bloß zwischen guter und schlechter Musik unterscheiden. Kunst, Instinkte, innere Welten und menschliche Stimmungen sollten in ihrer Individualität betrachtet werden, ohne Kategorisierung.

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