15.00 Uhr
Expeditionskonzert mit Joana Mallwitz
Konzerthaus Quartett Berlin
Sayako Kusaka Violine
Johannes Jahnel Violine
Amalia Aubert Viola
Felix Nickel Violoncello
Elisabeth Leonskaja Klavier
Programm
Giuseppe Verdi (1813 – 1901)
Streichquartett e-Moll
Allegro
Andantino
Prestissimo
Scherzo. Fuga
Hugo Wolf (1860 – 1903)
„Italienische Serenade“ für Streichquartett G-Dur
Pause
Robert Schumann (1810 – 1856)
Klavierquintett Es-Dur op. 44
Allegro brillante
In modo d’una Marica. Un poco largamente
Scherzo. Molto vivace
Allegro ma non troppo
"Homage to Elisabeth Leonskaja" - this is the title of the Berlin Konzerthaus' tribute to the "Grande Dame" of the piano. Twelve events combine to form this festival and show Leonskaja in a wide variety of roles: As a teacher for the younger generation, in a pure solo recital and as a soloist in dialog with the large orchestra. Tonight adds a central facet to this, as we can experience Leonskaja as a subtle ensemble musician: Together with the Konzerthaus Quartet, she immerses us in the brilliant sound of Robert Schumann's exuberant Piano Quintet. She leaves the opening of the evening entirely to her colleagues, who present us with an interesting special case in music history: an Italian string quartet.
Giuseppe Verdi
Angeblich bedeutete er Giuseppe Verdi nichts, sein einmaliger Ausflug in ein Genre, das so gar nichts mit seinem heimischen Terrain, der Oper, gemein hat. Kein auftrumpfender Orchestersound, keine vokalen Höhenflüge oder großen Gefühlsausbrüche, nirgends Theaterluft. Stattdessen das konzentrierte Zusammenspiel von vier Streichinstrumenten und der enorme Druck großer „deutscher“ Vorbilder. Johannes Brahms vernichtete angeblich mehr als 20 Anläufe, bis er sich 1873 zum ersten Mal mit einem Streichquartett an die Öffentlichkeit wagte – in demselben Jahr, in dem Verdi sein einziges Kammermusikwerk zu Papier brachte.
„Ich weiß nicht, ob es gut oder schlecht ist, aber ein Quartett ist es.“ Den extrem trockenen Kommentar Verdis zu der unverhofften Ausnahme in seinem Schaffen könnte man als eine strategische Selbstdistanzierung lesen. Und die von ihm in die Welt gesetzte Entstehungslegende stößt in dasselbe Horn: Als er Anfang 1873 die Vorbereitungen zur Aufführung seiner „Aida“ in Neapel betreut, stoppt wegen einer Erkrankung der Primadonna plötzlich die Probenarbeit. In Ermangelung einer anderen Beschäftigung habe er da eben zur Feder gegriffen und kurzerhand das Quartett aufs Papier geworfen. Unbedeutende Fingerübungen eines Gelangweilten also?
Einiges spricht dagegen. Erste Entwürfe entstehen schon 1868, ganze fünf Jahre früher also. Die Uraufführung im April 1873 fand nur im privaten Kreis statt. Danach überarbeitete Verdi das Stück intensiv, und erst als die neue Version drei Jahre später erfolgreich in Paris aufgeführt worden war, gab er das Quartett endlich zum Druck frei. Seitdem behauptet es sich als eines der wenigen italienischen Kammermusikwerke, die den Vergleich mit Beethoven und Co. nicht zu scheuen brauchen. Meisterhaft erfüllt es alle Ansprüche an formale Geschlossenheit und perfektes Kompositionshandwerk – und bewahrt sich trotzdem immer eine gewisse Elastizität und Leichtigkeit. Das ist eine Qualität, die ganz im Zentrum auch des nächsten Stücks steht.
Hugo Wolf
Als pure Ausgelassenheit könnte man die gut fünf Minuten von Hugo Wolfs Italienischer Serenade charakterisieren. Wie Verdi war auch er eigentlich in der Vokalmusik daheim, aber nicht in der großen Oper, sondern auf dem Feld des Kunstlieds. Hier schuf er geniale Miniaturen, die mit gewagten Harmonien und visionärer Textausdeutung die Grenzen dessen verschoben, was man aus einem Lied machen konnte. Mit der voller Schwung dahinsprudelnden Musik seiner Serenade hingegen wollte er womöglich ein klingendes Andenken an seine Jugendzeit komponieren. Er und seine sieben Geschwister wurden vom Vater früh an die Musik herangeführt und spielten als Familienorchester viel Hausmusik, darunter Serenaden und Potpourris italienischer Opern. Obwohl Wolf 1887 lange zum glühenden Wagner-Fan mutiert war und mit italienischer Oper nicht mehr viel am Hut hatte, ließ er sich von der Musik seiner Jugend zu diesem hinreißenden Stück inspirieren. Dessen gelöste Stimmung findet sich nach der Pause auch bei Robert Schumann wieder.
Robert Schumann
„Das Klavier wird mir zu enge.“ So schrieb Robert 1838 an seine Frau Clara und deutete damit den Drang an, die Grenzen der Klaviermusik zu überschreiten. Verständlich, denn am Anfang seiner Laufbahn als Komponist hatte er sich für über zehn Jahre fast exklusiv dem Klavier gewidmet. 1842 war nach Liedern und Sinfonien endlich auch die Kammermusik an der Reihe: Schumann schrieb in dichter Folge drei Streichquartette und erweiterte den neu eroberten Rahmen durch die Hinzunahme des Klaviers anschließend zum Quintett.
Man hört es diesem Stück an, dass Schumann zum Zeitpunkt der Komposition bereits voller Zufriedenheit auf eine Phase höchster Produktivität zurückschauen konnte. Seiner Glückssträhne fügte er in nur wenigen Tagen dieses brillante und heitere Werk hinzu, das ganz selbstverständlich aus dem Vollen schöpft. Denn geschult an der intensiven Arbeit der vorangegangenen Monate gelang ihm eine Musik, die sehr dicht gearbeitet ist und doch immer spontan und musikantisch daherkommt. Darin ähnelt sie Verdis Streichquartett und schlägt einen eleganten Bogen zurück zum Anfang.
Elisabeth Leonskaja wurde 1945 im georgischen Tiflis als Tochter russischer, aus Odessa stammender Eltern geboren. Mit sieben erhielt sie regelmäßigen Klavierunterricht, gab mit elf ihr öffentliches Debüt und wurde mit vierzehn am Musik-Gymnasium ihrer Heimatstadt aufgenommen. Nach dem Gewinn des Internationalen Enescu-Klavierwettbewerbs in Bukarest 1964 wechselte sie an das Moskauer Tschaikowsky-Konservatorium in die Klasse von Jacob Milstein. Bald darauf nahm sie erfolgreich am Marguerite-Long-Wettbewerb in Paris und am Königin-Elisabeth-Wettbewerb in Brüssel teil. Über ihren späteren Ehemann, den Geiger Oleg Kagan, kam Elisabeth Leonskaja in Kontakt mit Swjatoslaw Richter, der ihre weitere musikalische Entwicklung maßgeblich beeinflusste und ihr bis zu seinem Tod in Freundschaft verbunden blieb.
1978 reiste Elisabeth Leonskaja aus der Sowjetunion aus und ließ sich in Wien nieder. Ihr sensationeller Auftritt bei den Salzburger Festspielen 1979 markierte den Beginn einer großen Karriere im Westen. Neben der solistischen Tätigkeit ist Kammermusik immer ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit geblieben – so zählten bisher unter anderem das Belcea, Borodin, Artemis oder Jerusalem Quartett und vor allem das Alban Berg Quartett zu ihren Partnern.
Elisabeth Leonskaja hat zahlreiche Schallplattenpreise erhalten. Ihre umfangreiche Diskographie nennt die Klavierkonzerte von Tschaikowsky, Chopin, Schostakowitsch und Brahms, alle Klaviersonaten von Schubert, Brahms und Mozart sowie die letzten drei Sonaten von Beethoven. Sie wurde mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, der georgischen Auszeichnung „Priesterin der Kunst“ und dem Lifetime Achievement Award 2020 geehrt.
Seit 1999 ist Elisabeth Leonskaja regelmäßig mit dem Konzerthauorchester (ehemals Berliner Sinfonie-Orchester) aufgetreten und war zudem mit Soloabenden im Konzerthaus zu Gast.
Sayako Kusaka wurde in Ashiya (Japan) geboren, studierte in Tokio bei Takashi Shimizu, in den USA bei Eduard Schmieder sowie in Freiburg im Breisgau bei Rainer Kußmaul. Seit 2008 ist sie als Erste Konzertmeisterin Mitglied im Konzerthausorchester. Sie ist Primaria im Konzerthaus Quartett und Künstlerische Leiterin des Konzerthaus Kammerorchesters. Die Geigerin ist Gewinnerin und Preisträgerin zahlreicher internationaler Wettbewerbe (darunter Rodolfo-Lipizer-Violinwettbewerb, Papanini-Wettbewerb, Sibelius-Violinwettbewerb, Michelangelo Abbado International Violin Competition, Idemitsu Music Prize). Als Solistin und Kammermusikerin konzertiert sie in Europa, Japan und den USA. Seit 2013 ist sie „Special guest“-Konzertmeisterin des Yomiuri Nippon Symphony Orchestra in Tokio.
Johannes Jahnel wurde 1979 in Berlin geboren. Studium an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin bei Werner Scholz. Mit einem DAAD-Stipendium zwei Jahre Studium an der Indiana University in Bloomington, USA, bei Nelli Shkolnikova und Mauricio Fuks. Seit 2003 Schüler von Michael Erxleben, wiederum an der Berliner Musikhochschule. Erster Preis beim International Concerto Competition 1997 in Interlochen, Michigan. Preisträger des Internationalen Violinwettbewerbs Kloster Schöntal 1999. Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes und der Internationalen Musikakademie in Deutschland e.V. Seit 2005 als Konzertmeister der Zweiten Violinen Mitglied im Konzerthausorchester Berlin.
Die Schweizerin wurde 1978 in Berlin geboren und studierte in Karlsruhe, Berlin, Boston und Salzburg bei Madeline Prager, Kim Kashkashian und Thomas Riebl. Sie gewann unter anderem den Boris-Pergamenschikow-Preis für Kammermusik und ist Erste Preisträgerin des Internationalen Max-Rostal Wettbewerbs. Sie war Solo-Bratschistin der Camerata Salzburg, im Sinfonieorchester Basel und ist seit 2005 in gleicher Position im Konzerthausorchester Berlin. 2015 erhielt sie den Ruf einer Professur in Rostock und unterrichtet jetzt an der Universität der Künste Berlin. Sie trat auf Kammermusikfestivals in Davos, Verbier, Kronberg und Ravinia auf.
1976 in Hamburg geboren. Ausbildung unter anderem an den Musikhochschulen Hamburg und Aachen sowie am New England Conservatory, Boston. Mehrfach Erster Bundespreisträger des Wettbewerbs „Jugend musiziert“ sowie 1998 beim Elise Meyer-Wettbewerb in Hamburg. Meisterkurse bei János Starker, Itzhak Perlman, György Kurtág, Donald Weilerstein und Mitgliedern des Alban-Berg-Quaretts und Cleveland Quartet. Von 2000 bis 2008 war Felix Nickel Cellist des Kuss Quartetts, mit dem er 2002 den Preis des Deutschen Musikwettbewerbs sowie den Ersten Preis des internationalen Borciani-Wettbewerbs zuerkannt bekam. Seit Januar 2009 ist Felix Nickel Solo-Cellist im Orchester der Komischen Oper Berlin.