15.00 Uhr
Expeditionskonzert mit Joana Mallwitz
BEDRICH SMETANA (1824 – 1884)
Streichquartett Nr. 1 e-Moll („Aus meinem Leben")
Allegro vivo appassionato
Allegro moderato à la Polca
Largo sostenuto
Vivace
PAUSE
Johannes Brahms (1833 – 1897)
Klarinettenquintett h-Moll op. 115
Allegro
Adagio
Andantino – Presto non assai, ma con sentimento
Con moto
Autobiographische Musik: Dieses Werk ist das Dokument einer Tragödie. Im Frühjahr 1874 musste sich Bedřich Smetana, gerade einmal fünfzig Jahre alt, mit der erschreckenden Erkenntnis eines rasch voranschreitenden Gehörverlusts abfinden. Bereits Ende Oktober war er völlig taub, legte sein Kapellmeisteramt nieder und konnte auch nicht mehr Klavier spielen. Kompositorisch blieb er aber weiter aktiv und vollendete in den nächsten Jahren beispielsweise die Tondichtung „Mein Vaterland“. Ab Sommer 1875 verbrachte er den Rest seines Lebens in Jabkenice bei Tochter und Schwiegersohn. Im Mai 1884 starb Smetana schließlich in der Landesirrenanstalt in der Prager Katharinengasse.
Wie bei seinem Landsmann Leoš Janáček („Kreutzersonate“ und „Intime Briefe“) sind auch bei Smetana beide Streichquartette ganz persönliche Werke. Und gleichfalls wie bei Janáček liegen zu einem dieser Quartette, in diesem Fall zum zweiten von 1882/83, nur lakonische Bemerkungen vor („Das neue Quartett schreitet fort, wo das erste geendet hat, nach der Katastrophe“). Zum anderen, dem ersten vom Herbst 1876, verfasste der Komponist hingegen ein ausführliches verbales Programm: „1. Satz: Das Schicksal ruft (Hauptmotiv) in den Kampf dieses Lebens. Neigung zur Kunst in meiner Jugendzeit; Neigung zur Romantik wie in der Musik, so in der Liebe (…); unsägliches Sehnen nach etwas, was auszusprechen ich unfähig war (...), auch quasi eine Vorahnung meines künftigen Unglücks. (...) 2.Satz: Quasi-Polka erinnert mich an das fröhliche Leben meiner Jugend, sowohl unter dem Landvolk wie auch im Salon höherer Kreise (...), wo ich fast die ganzen Jugendjahre verbrachte, als Komponist die junge Welt mit Tanzstücken überhäufte und selbst als leidenschaftlicher Tänzer weit und breit bekannt war. Ebenfalls schildert er meine Reiselust; in der Viola und später in der Violino secondo ist es angedeutet: à la tromba - Posthorn! 3. Satz: Er bringt mir das Glück meiner ersten Liebe zum Mädchen in Erinnerung, das später meine treue Lebensgefährtin wurde. Kampf mit dem ungünstigen Schicksal, Erreichen des Endziels. 4. Satz: (…) Freude ob des in der nationalen Kunst gefundenen Weges, glücklicher Erfolg auf diesem Weg, bis schließlich in meinem Ohr der Pfiff des fürchterlich klingenden hohen Tons (im Quartett das hohe „e“, in Wirklichkeit war es der As-Dur-Sextakkord in der viergestrichenen Oktave) als das böse Omen meines grausamen Schicksals, meiner jetzigen Taubheit ertönt. (...) Unterwerfung dem unabwendbaren Geschick, das sich schon im 1. Satz als Warnung hören ließ, mit einem schwachen Hoffnungsstrahl besserer Zukunft.“
Smetana musste schmerzhaft die schlechten Seiten des Alterns erfahren. Milde und Weisheit, die sich verflüchtigende Notwendigkeit, der Welt noch irgendetwas zeigen zu müssen, gehören hingegen wohl zu den guten. Und das nun sind Charakteristika, die man gerne mit Brahms‘ kammermusikalischem Spätwerk verbindet. Richard Specht etwa redete 1928 in seinem überaus lesenswerten Brahms-Buch hier von „letzter Süße“, „leisen Schauern einer Todesnähe, die keinen Schrecken hat“, von „Sommerseligkeit und Herbstmahnung“ und – bezogen auf das Adagio des Klarinettenquintetts – von „wildschmerzlichen Naturlauten“ und „letztem Aufstrahlen der Sonne vor dem Untergang“.
Auch Brahms fühlte sich um 1890, immerhin schon auf die Sechzig zugehend, leer und unproduktiv und hatte entschieden, seine testamentarischen Verfügungen zu regeln, nichts Neues mehr zu komponieren, sondern das Fertige zu ordnen und das Angefangene zu vollenden. Doch dann wurde er allen diesbezüglichen Vorsätzen untreu, als er den „besten Bläser überhaupt, den ich kenne“ (an Clara Schumann) hörte: Für Richard Mühlfeld, Klarinettist in der Meininger Hofkapelle, schrieb Brahms 1891 das Klarinettentrio op. 114 und das Klarinettenquintett op. 115 sowie drei Jahre später die beiden Klarinettensonaten op. 120.
Das Eingangsallegro des Quintetts folgt dem Modell der Sonatenhauptsatzform und verzahnt die auseinander abgeleiteten Themen sehr eng: Die Entwicklung bedarf kaum des durch dramatische Konflikte geschlagenen Funkens. Im zweiten Satz – dreiteilig mit angehängter Coda – prägt den Mittelteil folkloristische Vituosität. Nach dem Intermezzo des Andantinos rundet das Finale das Ganze nicht nur dadurch, dass es auf Motive des Allegros zurückgreift, sondern vor allem durch die Form einer Variationenfolge, durch das ganz gelassene Vorführen eines Spektrums des Möglichen also. Vieles mehr ließe sich schreiben über die Machart des Werkes – man kann aber auch mit Richard Specht im ersten Satz in einen „von feinem Dunst überhauchten Wasserspiegel“ blicken, im zweiten in „rotflammende Glut“ und dann in „weiten, klaren Sternenhimmel“. „Freundlich schlendert“ der dritte Satz; am Ende des vierten „fällt ein Stern. Und erlischt ...“.
Mühlfeld, seines weichen Tones wegen von Brahms auch als „Fräulein Klarinette“ bezeichnet, brachte das Werk am 12. Dezember 1891 zusammen mit dem Joachim-Quartett in Berlin zur Uraufführung. Der Jubel war groß, das Adagio wurde wiederholt.
wurde in Tschechien geboren und studierte in Philadelphia am Curtis Institute of Music sowie an der Berliner Hochschule für Musik Hanns Eisler. Stark beeinflusst hat den Vorspieler der Ersten Violinen der Geiger Václav Hudeček, mit dem er oft gemeinsam Konzerte gibt. Bevor er 2018 ins Konzerthausorchester eintrat, war er drei Jahre lang Erster Konzertmeister des Orchesters der Komischen Oper Berlin. Er spielt außerdem im Konzerthaus Kammerorchester.
ist Konzertmeister der Zweiten Violinen des Konzerthausorchesters. Er studierte in seiner Heimatstadt Berlin an der Hochschule für Musik Hanns Eisler bei Werner Scholz und Michael Erxleben sowie mit einem DAAD-Stipendium zwei Jahre an der Indiana University in Bloomington (USA) bei Nelli Shkolnikova und Mauricio Fuks. Seit 2005 ist er Mitglied im Konzerthausorchester, außerdem spielt er im Konzerthaus Kammerorchester. Der Preisträger internationaler Wettbewerbe war Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes und der Internationalen Musikakademie in Deutschland.
wurde im japanischen Nagoya geboren. Sie studierte am Toho Gakuen College Geige und wechselte im vierten Studienjahr zur Bratsche. Seit 2019 ist die Stellvertretende Solo-Bratscherin Mitglied im Konzerthausorchester Berlin, außerdem spielt sie im Konzerthaus Kammerorchester. Davor war Ayano Kamei seit 2011 Mitglied des SWR Sinfonieorchesters. Die Preisträgerin mehrerer nationaler Wettbewerbe spielte unter anderem unter Leitung von Seiji Ozawa als Solistin mit verschiedenen japanischen Orchestern. Als Kammermusikerin war sie beispielsweise bei den International Sejong Soloists (NY), beim Aspen und beim Affinis Music Festival sowie den Dresdener Musikfestspielen zu Gast.
wurde in Berlin geboren. Der Solo-Klarinettist hat in Weimar bei Thorsten Johanns sowie am Salzburger Mozarteum bei Andreas Schablas studiert. Bevor er 2021 ins Konzerthausorchester eintrat, war er Akademist im Bayerischen Staatsorchester.
wurde in Seoul geboren und studierte in Köln bei Frans Helmerson und beim Alban Berg Quartett sowie in Frankfurt bei Antonio Meneses und Michael Sanderling. Seit 2000 ist sie Mitglied des Konzerthausorchesters Berlin. Sie ist Preisträgerin mehrerer koreanischer Wettbewerbe und Stipendiatin der Stiftung Villa Musica, wo sie von renommierten Künstler*innen wie Thomas Brandis und Miriam Fried Impulse erhielt. Am Konzerthaus Berlin tritt die begeisterte Kammermusikerin immer wieder in verschiedenen Ensembles auf. JaeWon Song spielt außerdem im Konzerthaus Kammerorchester.