Weihnachtliche Orgelmusik

By Dr. Dietmar Hiller Dec. 25, 2023

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Inhalt

Christian Brembeck Orgel

 

Programm

Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)
Präludium und Fuge D-Dur BWV 532

 

Georg Böhm (1661 – 1733)
Variationen über die Aria „Jesus, du bist allzu schöne“

 

Louis-Claude Daquin (1690 – 1772)
Noël XII („Noël suisse“)

 

Flor Peeters (1903 – 1986)
Variationen über das altniederländische Weihnachtslied „Herr Jesus hat ein Gärtchen“ op. 39 Nr. 10

 

Théodore Dubois (1837 – 1924)
„Fiat lux“ (aus Douze pièces nouvelles, 1893)

 

Marcel Dupré (1886 – 1971)
Variations sur un Noël op. 20

 

Christian Brembeck (*1960)
Improvisationen über bekannte Weihnachtslieder

Zum Programm

Das Programm der heutigen Weihnachtlichen Orgelmusik ist wie geschaffen, als zusätzliche Gabe unter den Christbaum gelegt zu werden, denn es versammelt Werke aus musikalischer Vergangenheit und Gegenwart, die allesamt das Zeug zu einem „Lieblingsstück“ haben. Neben konzertanter Orgelmusik von Johann Sebastian Bach und Théodore Dubois erklingen Liedvariationen, die in virtuos-eingängiger Weise die Möglichkeiten der jeweiligen Liedmelodie ausloten und gleichzeitig den Farbenreichtum der Jehmlich-Orgel im Großen Saal des Konzerthauses im allerbesten Licht erscheinen lassen. Bekrönt wird die Programmfolge durch Improvisationen über bekannte weihnachtliche Weisen.

Johann Sebastian Bach

In den ersten Jahren seines Wirkens als Organist und Komponist eignete sich Bach die verschiedenen Stile an - die norddeutsche hochvirtuose und moderne Orgelkunst ebenso wie die auf der süddeutsch-italienischen Tradition aufbauende bodenständige thüringische Tradition oder die französische Orgelmusik, die sich Bach allerdings nur aus den Partituren lesend erarbeiten konnte.

In unbekümmerter Virtuosität und Frische gebärden sich Präludium und Fuge D-Dur noch ganz als ein Jugendwerk, zeigen aber bereits deutlich das Streben Bachs, verschiedene Stile integrierend zusammenzufassen. Das Werk wäre ohne den Einfluss der norddeutschen Orgelschule undenkbar – gerade die virtuose Pedalführung wurde den Meistern aus Hamburg und Lübeck abgeschaut. Das Präludium D-Dur beginnt sogar mit einer aufsteigenden Tonleiter im Pedal – und die Fuge endet mit einem rasanten Pedalsolo, wo die Hände des Spielers gar nicht mehr dazukommen, einen gewichtigen Schlussakkord zu setzen!

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Georg Böhm

Als Komponist wird Georg Böhm im allgemeinen der norddeutschen Orgelschule zugezählt, geboren wurde er allerdings im thüringischen Hohenkirchen bei Ohrdruf. Nach in Gotha absolviertem Gymnasium bezog er die Universität in Jena, wo er 1684 immatrikuliert wurde. 1693 ist er, der inzwischen eine Familie gegründet hatte, in Hamburg nachweisbar, schließlich wurde er 1698 als Organist an die Johanniskirche zu Lüneburg berufen, wo er bis zu seinem Tode 1733 wirkte. Hier erlebte ihn auch Johann Sebastian Bach, der in den Jahren 1700-02 die Michaelisschule zu Lüneburg besuchte und Chorknabe („Mettenschüler“) an St. Michaelis war. Inzwischen sind sogar nähere Kontakte zwischen Böhm und Bach nachgewiesen (so durfte sich Bach in Böhms Wohnung Noten aus dessen Notenbibliothek abschreiben – und dies auf Böhms eigenem Notenpapier …), die eine Schülerschaft Bachs nahelegen.

In Böhms Orgelstil vereinigen sich sowohl Stilelemente der norddeutschen Orgelschule, der sich Böhm in Hamburg und Lüneburg stilistisch anschloss, als auch typisch mitteldeutsch-thüringische Einflüsse, in denen Böhm seine Herkunft nicht verleugnete. (Vielleicht fühlte sich der junge Bach deshalb so zu Böhm als seinem „Landsmann“ hingezogen?)

Auch die Aria-Variationen über das Lied „Jesu, du bist all zu schöne“ gehören offensichtlich zu den Werken, die durch den Lüneburger Mettenschüler den Weg in die mitteldeutsch-thüringische Organistenzunft gefunden hatten, denn die einzige handschriftliche Quelle dieser Variationen ist die sogenannte „Möllersche Handschrift“ – eine Sammlung von damals aktueller Tastenmusik, die von Bachs Bruder und einstigem Lehrmeister Johann Christoph angelegt worden war.

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Louis-Claude Daquin

Mit Noël bezeichnet man eine französische Form strophisch gegliederter, häufig mit Refrain versehener Weihnachtslieder, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Ursprünglich auf liturgische Melodien gesungen, verwendete man seit Ende des 15. Jahrhunderts meist Chansonmelodien. Der Text dieser Noëls rankt sich um die Hirten und Engel, die Verkündigung der Weihnachtsbotschaft auf den Feldern vor Bethlehem. Auf theologischen Tiefgang wird in der Regel verzichtet.

Bereits mit zwölf Jahren war Louis-Claude Daquin Organist des Klosters Petit Saint-Antoine, 1727 wird er Organist an St-Paul in Paris, 1739 zusätzlich Königlicher Kammerorganist, wenig später wurde er an die Kathedrale Notre-Dame berufen. Um 1745 publizierte er als Opus 2 sein „Nouveau Livre de Noëls pour l'orgue et le clavecin“, nachdem bereits 1735 eine Sammlung von Cembalostücken im Druck erschienen war. Neben zehn französischen Weihnachtsliedern sind im „Livre de Noëls“ auch ein „Noël Suisse“ (Schweizer Weihnachtslied) sowie ein „Noël étranger“ (= „fremdes“ bzw. „ausländisches“ Lied) in fröhlich-virtuosen Variationen bearbeitet.

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Flor Peeters

Flor Peeters, der am 4. Juli 1886, seinem 83. Geburtstag, verstarb, war einer der bedeutendsten Organisten, Orgelkomponisten und -pädagogen des 20. Jahrhunderts. Bis kurz vor seinem Tode wirkte er als Organist an der St. Rombouts-Kathedrale zu Mecheln, der katholischen Hauptkirche Belgiens. In Paris studierte er bei Charles Tournemire und Marcel Dupré, dessen Orgelstil in Improvisation und Komposition sein Spiel entscheidend beeinflusste.

1937 komponierte Flor Peeters die Variationen über das flämische Lied „Heer Jezus heeft een hofken“ (Herr Jesus hat ein Gärtchen) und widmete sie dem damaligen Trierer Domorganisten Hermann Schroeder. Im Booklet seiner CD-Einspielung dieses Stückes, 2018 an der Sandtner-Orgel der St. Matthäus-Kirche zu Eisenberg (Pfalz) aufgenommen, beschrieb Christian Brembeck Flor Peeters‘ Stil als eine Verbindung von zeitgenössischer französischer Harmonik mit barockeren Formen und „zarter tonaler Verfremdung“.

Théodore Dubois

Geboren 1837 in Rosnay (Marne), erhielt Dubois seine musikalische Ausbildung am Pariser Conservatoire, unter anderem bei François Benoist (Orgel) und Ambroise Thomas (Fuge und Komposition). 1871 wurde er dort Professor für Harmonielehre, später auch für Komposition, daneben wirkte er an verschiedenen Pariser Kirchen als Chorleiter und Organist (so auch an der Madeleine als Nachfolger von Camille Saint-Saëns). In den Jahren 1896-1905, in denen er dem Pariser Konservatorium als Rektor vorstand, versuchte er das Institut auf seine konservative Ästhetik einzuschwören, der Skandal um Maurice Ravel und den ihm nicht gegebenen Rompreis zwang ihn jedoch zum Rücktritt.

„Es werde Licht, und es ward – Licht“: Welchem Musikfreund ist diese erste Szene aus Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ nicht vertraut, wo Joseph Haydn aus dem diffusen Chorstammeln heraus mit einem gleißenden C-Dur-Akkord auf einmal klare Verhältnisse schafft. In dem Orgelstück „Fiat lux“, 1893 als Teil von zwölf neuen Orgelstücken (mit einer Widmung an den englischen Orgelvirtuosen William Thomas Best) veröffentlicht, geht Théodore Dubois einen ähnlichen Weg. Das Stück ist als munteres, pianistisch gedachtes Scherzo konzipiert und erhebt sich aus einem huschenden Pianissimo bis zur strahlenden Apotheose des Schlusses.

Marcel Dupré

Marcel Duprés bekannten Variations sur un Noël op. 20 liegt das populäre provenzalische Weihnachtslied „Noël nouvelet“ (mit „Weihnacht ist es wieder, Weihnacht singen wir“ als leitmotivisch wiederholte Text-Zelle) zugrunde, das in zehn Variationen in vielfältigen Kombinationen und Klangfarben durchgeführt wird. Gleich den beliebten Noëls aus dem 18. Jahrhundert, wo Daquin und Balbastre in der Pariser Kathedrale Notre-Dame ihre Zuhörer geistlich vergnügten, sind diese Variationen vor allem als virtuose Vortragsliteratur gedacht.

Nachdem das Liedthema zuerst einfach, nur mit Grundstimmen vorgetragen, erklingt, wird es in der ersten Variation im Wechsel von Tenor- und Diskantlage geführt, vorzutragen mit einer Zungenstimme. Die zweite Variation bettet das Thema in eine 6/8-Bewegung. Apart das klangliche Gewand der dritten Variation: Die Begleitstimmen (linke Hand) bilden einen schwebenden Klangteppich (Voix céleste, d. h. Streicherschwebung, ist vom Komponisten gefordert), aus dem sich die Liedmelodie im Kanon von Diskant (rechte Hand) und Bass (Pedal) abhebt. Das Werk gipfelt in einer rasanten Schlussfuge, die auf ihrem Höhepunkt in eine Toccata umschlägt, die das Werk strahlend und volltönend abschließt.

Die eingängige altfranzösische Melodie aus dem 15. Jahrhundert schaffte es inzwischen auch sowohl in das aktuelle evangelische als auch in das neue katholische Einheitsgesangbuch „Gotteslob“ – allerdings mit einer zeitgenössischen Textierung als Passionslied („Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt“ – Jürgen Henkys 1976 nach einer englischen Vorlage).

„GOTTES SOHN WURDE MENSCH, DAMIT DER MENSCH SEINE HEIMAT HABE IN GOTT.“ Hildegard von Bingen

Christian Brembeck

1960 in München geboren. 1981 Gewinn des Orgelwettbewerbs der Stadt Würzburg. Orgel- und Klavierstudium an der Hochschule für Musik München, unter anderem bei Franz Lehrndorfer und Gitti Pirner. Abschluss mit dem kirchenmusikalischen A-Examen und dem Meisterklassendiplom. Internationale Konzerttätigkeit als Solist und Kammermusiker (Orgel, Klavier, Cembalo), ergänzt durch zahlreiche Aufnahmen für Rundfunk, Fernsehen und Schallplatte bzw. CD. Regelmäßige Zusammenarbeit mit Ensembles wie den Münchner Philharmonikern unter Sergiu Celibidache und dem Tölzer Knabenchor. In den Jahren 1992-97 außerdem Dirigent und Künstlerischer Leiter der Capella Istropolitana (Bratislava). Von Orchestern in München, Köln, Essen, Madrid, Nizza, Metz zu Gastdirigaten eingeladen. 2007 spielte er im Film „Die Stille vor Bach“ (Regie: Pere Portabella) die Rolle des Johann Sebastian Bach.

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