20.00 Uhr
Weihnachtskonzert des Georg-Friedrich-Händel-Gymnasiums
Konzerthaus Kammerorchester
Tobias Feldmann Violine und Leitung
Peter Dörpinghaus Trompete
Sören Linke Trompete
ANTONIO VIVALDI (1678 – 1741)
Concerto für Streicher und Basso continuo g-Moll RV 157
Allegro
Largo
Allegro
OTTORINO RESPIGHI (1879 – 1936)
„Antiche Danze ed Arie“ – Suite Nr. 3
Italiana (anonym)
Arie di corte (Jean-Baptiste Besard, 17. Jh.)
Siciliana (anonym, Ende 16. Jh.)
Passacaglia (Ludovico Roncalli, 1692)
PETRONIO FRANCESCHINI (1651 – 1680)
Sonata in D für zwei Trompeten, Streicher und Basso continuo
Grave
Allegro
Adagio
Allegro
PAUSE
ANTONIO VIVALDI
Konzert für Violine, Streicher und Basso continuo G-Dur op. 4 Nr. 3 RV 301 (aus „La Stravaganza“)
Allegro
Largo
Allegro assai
IGOR STRAWINSKY (1882 – 1971)
„Pulcinella“ – Ballettsuite (nach Pergolesi)
Sinfonia (Ouverture). Allegro moderato
Serenata. Larghetto
Scherzino – Allegretto – Andantino
Tarantella
Toccata. Allegro
Gavotta (con due variazioni)
Vivo (Duetto)
Minuetto. Molto moderato – Finale. Allegro assai
Im Laufe seines 63 Jahre währenden Lebens hat Antonio Vivaldi wohl an die 1000 Werke komponiert. Schon die Zeitgenoss*innen bewunderten den wegen seiner roten Haare und seiner Ausbildung zum Priester gern „Prete rosso“ genannten Ausnahmekünstler, der auch ein außerordentlich brillanter Geiger gewesen sein muss. So notierte der Frankfurter Bürgermeister Johann Friedrich Armand von Uffenbach, der 1715 in Vivaldis Geburtsstadt und Lebensmittelpunkt Venedig Station machte, er habe ihn eine Phantasie spielen gehört, „die mich recht erschrecket, denn dergleichen ohnmöglich so jemahls ist gespielt worden noch kann gespiehlet werden, denn er kahm mit den Fingern nur einen strohhalm breit an den steg dass der bogen keinen plaz hatte“.
Nach Vivaldis Tod sind viele seiner Werke in tiefem Archivschlaf versunken, und auch das Verdikt Igor Strawinskys, Vivaldi habe nur ein einziges Konzert geschrieben, aber das 500 Mal, stand einer tieferen Beschäftigung mit diesem Komponisten lange im Weg. Doch Mitte der 1970er Jahre wendete sich das Blatt: Zahlreiche Forscher*innen gruben eine nicht geringe Anzahl bisher ungekannter Werke aus und gewannen neue Kenntnisse über Vivaldis Schaffen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem dänischen Musikwissenschaftler Peter Ryom zu, der einen Werkkatalog erarbeitete. Der Anfangsbuchstabe seines Nachnamens, „R“, sorgt, in Verbindung mit einer Ziffer, für eine eindeutige Zuordnung innerhalb dieses Verzeichnisses („V“).
Hinter der Signatur RV 157 verbirgt sich Vivaldis wohl zwischen 1720 und 1740 entstandenes Concerto für Streicher und Basso continuo (B.c.) g-Moll. Auch wenn dieses Werk das Konzertieren im Titel trägt, geht es hier nicht um einen Wechsel von Solo und Orchester (tutti), sondern eher um ein Spiel von vier generalbass-verstärkten Stimmen mit Rhythmen und Themen. Das zweite Werk Vivaldis im heutigen Programm, RV 301 in G-Dur, gehört zur Gruppe seiner etwa 220 überlieferten Solo-Violinkonzerte. Das 1716 zusammen mit anderen Stücken in Amsterdam veröffentlichte Werk macht dem Titel dieses zeitgenössischen Drucks alle Ehre: „La stravaganza“/„Das Außergewöhnliche“.
„Du musst nach und nach alle bedeutenderen Werke aller bedeutenden Meister kennenlernen.“ Bei der Niederschrift dieser Forderung hatte Robert Schumann naturgemäß die Musik im Sinn. Ob Ottorino Respighi Schumanns „Musikalische Haus- und Lebensregeln“ kannte, aus denen diese Worte stammen? Jedenfalls hat dieser Italiener des 20. Jahrhunderts – der seinen Ruhm erstaunlicherweise nicht der Oper (wenn er auch mehrere Musiktheaterwerke schuf), sondern Orchesterstücken wie „Fontane di Roma“ verdankt – sich intensiv mit den Ursprüngen der Musik seines Heimatlandes beschäftigt. Unter anderem hielt er Vorlesungen über italienische Barockmusik und edierte Werke von Monteverdi und Vivaldi.
Die Sätze der 1932 in Mailand uraufgeführten 3. Suite seiner „Antiche Danze ed Arie per liuto“/„Alte Tänze und Weisen für Laute“ entnahm Respighi Lautenbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts. Er arrangierte sie für modernes Instrumentarium und bearbeitete sie, indem er z.B. Kontraste schärfte – und schuf damit ein ebenso eindrucksvolles wie eigenständiges Werk.
Genauso wie für Vivaldi war Venedig für Petronio Franceschini eine Zeitlang Lebensmittelpunkt. Genauso wie der „Prete rosso“ arbeitete er hier (höchstwahrscheinlich) als Maestro de’ Concerti an einem Waisenhaus. Damit jedoch hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Denn der 16 Jahre ältere Franceschini stammte aus Bologna, wo er 1673 Präsident der Accademia Filarmonica wurde und ab 1675 als ausgezeichneter Cellist zur Capella von S. Petronio gehörte. Nach Venedig wechselte er 1680, um einen Opernauftrag zu erfüllen, starb hier jedoch kurz darauf, erst 29 Jahre alt.
Zu Franceschinis dennoch recht umfangreichem Œuvre gehören geistliche und weltliche Vokal- sowie Bühnen- und Instrumentalwerke, darunter zwei Sonaten für zwei Violinen und B.c. und die am heutigen Abend erklingende Sonata in D für zwei Trompeten, Streicher und B.c. Dass diese Musik „sauber gearbeitet [ist], aber nicht über den Durchschnitt ihrer Zeit“ hinausreicht, wie der Musikwissenschaftler Claudio Sartori urteilt, spricht sehr für ebenjenen Durschnitt.
In die Welt der Commedia dell’arte führt Igor Strawinskys Suite „Pulcinella“. Angeregt von dem genialen Gründer und Lenker der Ballets Russes, Sergej Diaghilew, schuf der russische Komponist 1919/20 in Morges, seinem Schweizer Exil seit Ausbruch des Ersten Weltkriegs, die Musik zu einem Ballett, das sich um die gleichnamige Neapolitanische Figur mit Halbmaske dreht. Das kompositorische Pulcinella-Material stammt – von Diaghilew vermittelt, der eine Serie historisierender Ballette im Sinn hatte – u.a. aus dem Nachlass von Giovanni Battista Pergolesi (1710-1736). Die Uraufführung des „Pulcinella“-Balletts ging am 15. Mai 1920 in der Pariser Oper über die Bühne. 1922 schuf Strawinsky daraus eine achtteilige Suite. „Pulcinella“, bekannte er später einmal, „war meine Entdeckung der Vergangenheit, die Epiphanie, durch die mein späteres Werk möglich wurde“.
Das 2009 von Musikern des Konzerthauses gegründete Konzerthaus Kammerorchester besteht fast ausschließlich aus Mitgliedern des Konzerthausorchesters Berlin und kommt ohne Dirigenten aus. Der demokratisch organisierte Klangkörper hat einen festen Platz in der Konzertsaison des Hauses und tritt wiederholt auf internationalen Podien in Erscheinung. So führten mehrere Konzertreisen das Ensemble beispielsweise in die Türkei, nach Holland und nach Japan.
Mehrere CD-Einspielungen sind erschienen, darunter mit dem Geiger Daniel Hope aus der Reihe „Recomposed by Max Richter“ die „Vier Jahreszeiten“ nach Antonio Vivaldi, ausgezeichnet mit dem „Echo Klassik“ 2013. Das Repertoire konzentriert sich hauptsächlich auf Werke für Streichorchester, aber auch auf Bearbeitungen von großen Kammermusikwerken wie zum Beispiel Schuberts Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“ in der Bearbeitung von Gustav Mahler. Auch sinfonische Werke mit kleinerer Bläserbesetzung oder Solokonzerte mit Solisten wie dem Cellisten Julian Steckel, dem Geiger Ning Feng oder dem Pianisten Matthias Kirschnereit gehören zum Programm.
www.konzerthaus-kammerorchester.de
Das Konzerthaus Kammerorchester spielt im heutigen Konzert in folgender Besetzung:
Violine
Andreas Feldmann
Karoline Bestehorn
Linda Fichtner
Ulrike Töppen
Jana Krämer
Christoph Kulicke
Cornelia Dill
Na-Rie Lee
Veronika Kahrer
Viola
Matthias Gallien
Ayano Kamei
Felix Korinth
Ulrike Petersen
Violoncello
Viola Bayer
JaeWon Song
Yu-Ju Yen
Kontrabass
Igor Prokopets
Saara Lassila
Oboe
Szilvia Pápai
Iria Folgado
Flöte
Yuan Yu
Antje Schurrock
Fagott
Luka Mitev
Raphael Eberle
Horn
Dmitry Babanov
Yu-Hui Chuang
Trompete
Sören Linke
Posaune
Helge von Niswandt
Neben seinem Debüt bei den BBC Proms in der Royal Albert Hall mit dem BBC Philharmonic 2024 gehören für den Preisträger des Internationalen Königin Elisabeth-Wettbewerbs, des Deutschen Musikwettbewerbs und des Internationalen Joseph-Joachim-Violinwettbewerbs Auftritte mit weiteren international renommierten Klangkörpern zu seinen Konzerthighlights. Als Kammermusiker trat er in Konzertsälen und bei Festivals auf. Zu seinen musikalischen Partnern zählten dabei Martin Helmchen, Timothy Ridout, Kian Soltani, Christian Tetzlaff, Nicolas Altstaedt, Jean-Guihen Queyras und Tabea Zimmermann. Mit der Bratschistin Lise Berthaud und dem Cellisten Julian Steckel spielt er außerdem in einem festen Streichtrio.
Mit 26 Jahren wurde Tobias Feldmann als Professor an die Hochschule für Musik Würzburg berufen und war damit einer der jüngsten Professoren in der Geschichte Deutschlands. Auf Einladung der Berliner Philharmoniker war er aushilfsweise als 1. Konzertmeister tätig und ist seit Oktober 2022 Professor an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig.
Er spielt auf einer Violine von Nicolo Gagliano, Neapel 1769.
wurde im Bergischen Land (NRW) geboren. Er studierte in Essen sowie in Hannover bei Jeroen Berwaerts. Seit 2016 ist er Solo-Trompeter des Konzerthausorchesters Berlin, außerdem spielt er bei Konzerthaus Brass. Der Preisträger der Deutschen Stiftung Musikleben und Stipendiat der Orchesterakademie der Bamberger Symphoniker hat mit seinem Blechbläserquintett Salaputia Brass nationale und internationale Preise gewonnen. In der Saison 2013/14 war er Solo-Trompeter bei den Hamburger Philharmonikern. Peter Dörpinghaus ist Mitglied des aktuellen Künstlerischen Beirats.
wurde in Potsdam geboren und studierte in Berlin an der Hochschule für Musik Hanns Eisler. Seit 1993 ist er Mitglied des Konzerthausorchesters Berlin, wechselte 2007 auf die Stelle des Solo-Trompeters und spielt außerdem bei Konzerthaus Brass. Er war Mitglied im Schleswig-Holstein Festival Orchestra. Sören Linke ist Dozent an der Hochschule für Musik Hanns Eisler und am Bach-Gymnasium sowie Mitglied des aktuellen Künstlerischen Beirats des Konzerthausorchesters.
What was going on there? Our KHO musicians tell us about a snapshot before - or in this case after - a concert. This time: principal bass clarinet Norbert Möller and his camera.
Farewells to colleagues, pre-concert rehearsals and everyday scenes on tour, backstage encounters with conductors and guest artists - not only from the unusual perspektive of his seat on the woodwind podium, Norbert Möller has captured many special moments in the Konzerthausorchester with his small compact camera. It easily fits into the inside pocket of his tailcoat.